"Wir helfen Patienten, ihre Menschenwürde zu bewahren"

Anja König (50), Universitätsklinikum Heidelberg

Kurz nach meinem Krankenpflege-Examen hatte ich eine Begegnung mit einer Patientin, die mich bis heute geprägt hat.

Frühdienst: Ich betreue Frau E., eine 32-jährige Patientin mit einem ausgedehnten Weichteiltumor. Sie hat verordnete Bettruhe, ihr linkes Bein liegt auf einer Ruheschiene. Wegen des Tumors im Oberschenkel (der operativ entfernt wurde) ist sie emboliegefährdet und darf sich und vor allem ihr Bein nicht bewegen.

Sie ist sehr ruhig, und als ich sie anspreche, beginnt sie zu weinen. Unter Tränen erzählt sie mir, dass heute Mittag ihre beiden Kinder mit dem Ehemann kommen. Sie sagt, dass sie aussieht wie ein Zombie mit ihren nichtgewaschenen Haaren und ihrem blassen, fahlen Gesicht. Sie hat Angst, dass ihre Kinder einen Schock bekommen und sie nicht erkennen. Der Arzt hätte ihr aber verboten, ins Bad zu gehen, um ihre Haare zu waschen.

Wir haben dann gemeinsam die Haare im Bett gewaschen, etwas abenteuerlich mit „Blasenspritze“ und Messbecher als Duschkopf, mit Mülltüten zum Auffangen des Wassers und vor allem, ohne das Bein zu bewegen. Viel gelacht haben wir auch, denn nicht nur die Haare waren nass, sondern alles an Frau E. – und an mir auch. Dann habe ich die Haare von Frau E. geföhnt, die Schminksachen rausgeholt und ihr zugeredet, sich aufzuhübschen. Wir haben eine „normale“ Bluse angezogen mit „viel Farbe“, und dann kamen die Kinder.

Es war ein sehr bewegender Moment – diese zwei kleinen Kinder (vier und sechs Jahre), die sich so gefreut haben, ihre Mama zu sehen. Frau E. war glücklich, das konnte man sehen – ihre Augen haben gestrahlt.

Am nächsten Morgen habe ich Frau E. wieder betreut. Sie hat mich in den Arm genommen und sich bei mir bedankt mit den Worten: „Sie haben mir meine Würde zurückgegeben. Das werde ich Ihnen nie vergessen.“

Diese zwei Sätze sind geblieben und ziehen sich wie ein roter Faden durch mein Berufsleben. Pflegekräfte helfen Patienten, ihre Menschenwürde in kritischen Situationen zu bewahren – das bietet kein anderer Beruf!

 

Stand: 26. September 2018
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