Begutachtung (Pflegeversicherung)

Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten. Um Leistungen von der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Sobald der Antrag gestellt wurde, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD) oder andere unabhängige Gutachterinnen bzw. Gutachter mit der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit.

Im Auftrag der Pflegekassen überprüfen der MD oder andere unabhängige Gutachter, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Grad der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Bei knappschaftlich Versicherten erstellt das Gutachten der Sozialmedizinische Dienst (SMD). Bei Privatversicherten wird die Begutachtung durch "MEDICPROOF" vorgenommen. Die angemeldete Begutachtung erfolgt durch eine Gutachterin bzw. einen Gutachter (Pflegefachkraft oder Ärztin bzw. Arzt) entweder im Wohnbereich des Antragstellers oder, wenn die dahingehenden Voraussetzungen vorliegen, telefonisch gestützt.

Ermittlung der Pflegebedürftigkeit

Im Rahmen der Begutachtung hat der MD durch eine Untersuchung des Versicherten die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in sechs Bereichen (Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte) sowie die voraussichtliche Dauer der Pflegebedürftigkeit zu ermitteln.

Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Eine Besonderheit besteht bei der Begutachtung von Kindern bis zu 18 Monaten. Kinder dieser Altersgruppe sind von Natur aus in allen Bereichen des Alltagslebens unselbstständig. Damit auch diese Kinder einen fachlich angemessenen Pflegegrad erlangen können, werden bei der Begutachtung die altersunabhängigen Bereiche "Verhaltensweisen und psychische Problemlagen" und "Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen" einbezogen. Darüber hinaus wird festgestellt, ob es bei dem Kind gravierende Probleme bei der Nahrungsaufnahme gibt, die einen außergewöhnlich intensiven Hilfebedarf auslösen. Bei Kindern ist die Prüfung der Pflegebedürftigkeit in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger*in oder als Kinderarzt/Kinderärztin vorzunehmen.

Bearbeitungs- und Begutachtungsfristen

Die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen beträgt 25 Arbeitstage. Bei einem Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung muss die Begutachtung durch den MD oder andere unabhängige Gutachterinnen bzw. Gutachter innerhalb von fünf Arbeitstagen erfolgen, wenn dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist oder die Inanspruchnahme einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder Familienpflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin angekündigt oder mit diesem bzw. dieser vereinbart wurde. Die verkürzte Begutachtungsfrist gilt auch bei einem Aufenthalt in einem Hospiz oder bei ambulant palliativer Versorgung.

Befindet sich der Antragsteller bzw. die Antragstellerin in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu werden, und wurde die Inanspruchnahme einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder nach dem Familienpflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin angekündigt oder mit diesem bzw. dieser vereinbart, gilt eine Bearbeitungsfrist von 10 Arbeitstagen.

In den Fällen einer verkürzten Begutachtungsfrist ist die abschließende Begutachtung ist unverzüglich nachzuholen. Sofern die antragstellende Person unmittelbar im Anschluss an einen Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung Kurzzeitpflege in Anspruch nimmt, hat die abschließende Begutachtung des Medizinischen Dienstes innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Beginn der Kurzzeitpflege in dieser Einrichtung zu erfolgen.

Die Pflegekasse ist zudem verpflichtet, dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Gutachterinnen bzw. Gutachter zur Auswahl zu benennen, wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen ab Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist.

Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags oder werden die verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70 Euro an den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat oder wenn sich die antragstellende Person in stationärer Pflege befindet und bereits erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (Pflegegrad 2) vorlagen.

Das Gutachten wird dem Antragsteller durch die Pflegekasse übersandt, sofern er der Übersendung nicht widerspricht. Es ist auch möglich, die Übermittlung des Gutachtens zu einem späteren Zeitpunkt zu verlangen.

Stand: 12. Januar 2024
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