Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende
Das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende vom 16. März 2020 tritt am 1. März 2022 in Kraft. Gleichzeitig treten weitere Änderungen des Transplantationsgesetzes in Kraft, die sich aus dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung vom 11. Juli 2021 ergeben.
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Was ändert sich?
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Werde ich automatisch Organ- und Gewebespender?
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Wann wird über eine Organ- oder Gewebeentnahme entschieden?
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Wer entscheidet auf welcher Grundlage?
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Werden die Angehörigen befragt?
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Wann muss ich mich entscheiden?
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Wie alt muss ich sein, um eine Entscheidung treffen zu dürfen?
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Wird das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende mit Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen?
Was ändert sich?
Die derzeit geltende Rechtslage (sog. Entscheidungslösung) bleibt in ihrem Kern unverändert, d.h. eine Organ- und Gewebespende ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn der mögliche Organ- oder Gewebespender zu Lebzeiten eingewilligt hat oder sein nächster Angehöriger zugestimmt hat.
Ziel ist es, die persönliche Entscheidung zu registrieren, verbindliche Information und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern.
Das Gesetz sieht unter anderem vor:
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Die Einrichtung eines bundesweiten Online-Registers beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
- Die Ausweisstellen von Bund und Ländern müssen den Bürgerinnen und Bürgern zukünftig Aufklärungsmaterial und Organspendeausweise aushändigen. Dabei wird auf weitere Informations- und Beratungsmöglichkeiten hingewiesen. Das Gesetz sieht zudem die Möglichkeit vor, sich vor Ort in das Online-Register einzutragen.
- Hausärztinnen und Hausärzte können künftig bei Bedarf ihre Patientinnen und Patienten alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespende ergebnisoffen beraten. Das Gesetz sieht außerdem vor, die Organ- und Gewebespende verstärkt in der ärztlichen Ausbildung zu verankern.
- Grundwissen zur Organ- und Gewebespende soll zudem in den Erste-Hilfe-Kursen zum Erwerbs der Fahrerlaubnis vermittelt werden.
Werde ich automatisch Organ- und Gewebespender?
Nein. Voraussetzung für eine Organ- und Gewebeentnahme nach dem Tod ist die Einwilligung des möglichen Organ- oder Gewebespenders zu Lebzeiten oder die Zustimmung seines nächsten Angehörigen, wenn zu Lebzeiten keine Erklärung abgegeben worden ist.
Wann wird über eine Organ- oder Gewebeentnahme entschieden?
Ob jemand als Organ- oder Gewebespender in Frage kommt, wird nach Feststellung des sog. Hirntodes (unumkehrbarerer Ausfall aller Hirnfunktionen) von den Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus unter Einbeziehung der nächsten Angehörigen geklärt. Niemand muss befürchten, dass die intensivmedizinische Behandlung vorzeitig beendet wird. Der Arzt oder Transplantationsbeauftragte darf erst dann eine Auskunft aus dem Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende erfragen, wenn der Tod des möglichen Spenders festgestellt worden ist oder in Behandlungssituationen, in denen der sog. Hirntod unmittelbar bevorsteht oder als bereits eingetreten vermutet wird.
Wer entscheidet auf welcher Grundlage?
Vor einer Organ- und Gewebespende ist zu klären, ob eine Erklärung des möglichen Organ- oder Gewebespenders zur Organ- und Gewebespende vorliegt. Hierzu hat der vom Krankenhaus als abrufberechtigt benannte Arzt oder die Ärztin oder der Transplantationsbeauftragte beim Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende, das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet wird, abzufragen, ob zum möglichen Spender ein Eintrag gespeichert ist. Liegt ein solcher Eintrag nicht vor und liegt dem Arzt auch sonst keine schriftliche Erklärung des möglichen Organ- oder Gewebespenders vor, ist dessen nächster Angehörige zu befragen, ob ihm von diesem eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende bekannt ist. Ist auch dem nächsten Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt, so ist eine Entnahme nur dann zulässig, wenn ein Arzt die nächsten Angehörigen darüber unterrichtet und diese ihr zugestimmt haben. Der nächste Angehörige hat bei seiner Entscheidung den mutmaßlichen Willen des möglichen Spenders zu beachten.
Werden die Angehörigen befragt?
Ja, die Angehörigen werden vor der Entscheidung über eine Organ- oder Gewebespende befragt (s.o.).
Wann muss ich mich entscheiden?
Jederzeit kann eine Entscheidung zur persönlichen Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende getroffen oder geändert werden. Die Entscheidung kann auch einer Person des Vertrauens übertragen werden, die namentlich benannt werden muss. Die Erklärung kann auf bestimmte Organe und Gewebe beschränkt werden.
Wie alt muss ich sein, um eine Entscheidung treffen zu dürfen?
Die geltende Rechtlage ändert sich nicht. Die Zustimmung in eine Organ- und Gewebeentnahme und die Übertragung der Entscheidung auf eine Vertrauensperson können vom vollendeten 16. Lebensjahr, der Widerspruch kann vom vollendeten vierzehnten Lebensjahr an erklärt werden.
Wird das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende mit Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen?
Die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Belastung der Krankenhäuser haben auch Auswirkungen auf den Start des Registers. Der ursprünglich avisierte Starttermin 1. März 2022 wird nicht erreicht werden können. Um eine weitere Belastung der Krankenhäuser durch notwendige technisch-organisatorische Vorarbeiten aktuell zu vermeiden, die mit ihrer Anbindung an das Register einhergehen, wird das Register seinen Betrieb frühestens Ende des Jahres 2022 aufnehmen.
Die Bereitschaft zur Organspende setzt Vertrauen in die Voraussetzungen einer Organentnahme und in transparente Prozesse voraus. Dazu gehört unbedingt, dass Bürgerinnen und Bürger sicher sein können, dass ihr Wille in Bezug auf eine mögliche Organ- und Gewebespende am Lebensende berücksichtigt wird. Zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen sieht das Registerkonzept auf der einen Seite ein Portal für die Abgabe von Erklärungen durch Bürgerinnen und Bürger und auf der anderen Seite ein sog. Abruf-Portal vor, über das berechtigtes Krankenhauspersonal Einsicht in das Erklärenden-Portal nehmen und dort abgegebene Erklärungen abrufen kann. Das Register kann seinen Zweck nur erfüllen, wenn beide Portale zeitgleich zur Verfügung stehen.
Für einen Abruf aus dem Register ist es erforderlich, dass Entnahmekrankenhäuser und deren zum Abruf der Erklärungen berechtigte Personen technisch zur Einsichtnahme in das Register in der Lage sind. Hierzu müssen in jedem einzelnen der rund 1300 Entnahmekrankenhäuser die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden.