Taktilographie Evidenz Analyse Mamma: Prospektive Studie zur Taktilographie als Baustein zur Verbesserung der Frauengesundheit („TEAM“)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Gesundheitsförderung und Prävention“
© Copyright: discovering hands
Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchung
Projektleitung
Charité – Universitätsmedizin Berlin
PD Dr. Hannah Woopen
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Projektlaufzeit
01.09.2024 bis 31.12.2026
Projektbeteiligte
- discovering hands gUG
Motivation
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau in Deutschland. Durch frühzeitige Diagnosestellung und Einleitung der Behandlung kann die Sterblichkeitsrate deutlich verringert werden. Zentrale Instrumente der Brustkrebsfrüherkennung der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland sind das Mammographie-Screening, welches als organisiertes, qualitätsgesichertes und bevölkerungsbezogenes Programm flächendeckend allen Frauen von 50 bis 75 Jahren alle zwei Jahre angeboten wird, sowie die gynäkologische Vorsorgeuntersuchung, welche für Frauen ab dem Alter von 30 Jahren eine jährliche klinische, ärztliche Tastuntersuchung der Brust einschließt. Häufig wird Frauen auch eine Ultraschalluntersuchung der Brust (Mammasonographie) als privat zu zahlende „Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL)“ angeboten. Als ergänzende Methode zur Brustkrebsfrüherkennung bietet das Sozialunternehmen discovering hands die sogenannte Taktile Brustuntersuchung (TBU) an. Speziell ausgebildete, sehbehinderte Frauen, sogenannte Medizinisch-Taktile Untersucherinnen (MTU), führen dabei eine ausführliche, standardisierte Tastuntersuchung der Brust durch.
Diese Untersuchungsmethode basiert auf der wissenschaftlichen Annahme, dass der besonders sensible und durch spezielle Fortbildung geschulte Tastsinn der MTU es ermöglicht, auch kleine Auffälligkeiten und Veränderungen der Brust zu identifizieren. Aufgrund der noch schwachen wissenschaftlichen Beweislage soll diese Annahme im Rahmen der Studie wissenschaftlich evaluiert werden. Somit könnten die Ergebnisse zur Verbesserung der Datenlage für die diagnostische Zuverlässigkeit der Tastuntersuchung durch MTU beitragen. Die Kosten für diese Form der ergänzenden Brustkrebsfrüherkennung werden zwar aktuell von über 40 gesetzlichen Krankenkassen und allen privaten Krankenversicherungen übernommen bzw. erstattet. Es handelt sich jedoch derzeit nicht um eine regelhafte Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Ziele und Vorgehen
Hauptzielsetzung der Studie TEAM ist die wissenschaftliche Untersuchung der diagnostischen Verlässlichkeit der taktilen Brustuntersuchung durch sehbehinderte MTUs. Dabei stehen folgende zentrale Forschungsfragen im Fokus:
- Diagnostische Zuverlässigkeit: Wie sicher werden Tastbefunde durch die MTU im Vergleich zur klinischen (ärztlichen) Brustuntersuchung und zur Mammasonographie erkannt (sog. Sensitivität und Spezifität)?
- Gesundheitskompetenz: Führt eine Beratung durch die MTU zu einer verbesserten Gesundheitskompetenz der Studienteilnehmerinnen im Hinblick auf die Brust- und Frauengesundheit?
- Teilnahme am Mammographie-Screening: Welche Gründe liegen einer Nicht-Teilnahme am Mammographie-Screening zugrunde?
Zur Beantwortung dieser Frage wird am discovering hands Zentrum Berlin eine Studie mit ca. 1.000 Teilnehmerinnen durchgeführt. Direkt nach der TBU durch eine MTU erfolgt eine Untersuchung durch eine gynäkologische Ärztin oder einen gynäkologischen Arzt mittels klinischer Brustuntersuchung und Brustultraschall. Zudem wird eine Interventionsstudie zur Wirkung einer gezielten Beratung durch die MTU auf die Gesundheitskompetenz der Studienteilnehmerinnen, bzgl. der Brust- und Frauengesundheit sowie der Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen, durchgeführt. Ergänzend werden Interviews durchgeführt, um individuell bedingte Beweggründe für eine Nicht-Teilnahme am Mammographie-Screening zu untersuchen.
Perspektiven für die Praxis
Das Projekt TEAM kann die Datenbasis und Beweislage zur Wirksamkeit der taktilen Brustuntersuchung durch sehbehinderte Medizinisch-Taktile Untersucherinnen stärken und damit auch konkrete Anhaltspunkte für etwaige größer und noch belastbarer angelegte multizentrische Folgestudien liefern. Zudem zielt das Projekt darauf ab, die Zielgruppe für diese Art der Tastuntersuchung genauer zu charakterisieren und zu bewerten, inwieweit Gesundheitskompetenz sowie die Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen in diesem speziellen Vorsorgesetting gestärkt bzw. (weiter) verbessert werden können. Ferner könnten durch die erhobenen Daten Rückschlüsse auf eine effektivere Informationsvermittlung zur Brustkrebsfrüherkennung gezogen werden und damit potenziell auch Erkenntnisse für die Optimierung der Gesundheitsvorsorge insgesamt gewonnen werden. Durch die Untersuchung der Gesundheitskompetenz der Studienteilnehmerinnen wird analysiert, inwieweit die TBU mit einer verstärkten Eigenverantwortung und einer höheren Inanspruchnahme von Früherkennungsangeboten verbunden ist. Zudem kann die qualitative Analyse der Barrieren zur Mammographie-Teilnahme wertvolle Erkenntnisse für zielgruppengerechte Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen liefern.