Bundeskabinett beschließt Apothekenreform
Das Bundeskabinett hat am 17. Dezember 2025, den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (ApoVWG) beschlossen.
Der Entwurf enthält Maßnahmen zur Stärkung des flächendeckenden Netzes von Vor-Ort-Apotheken für die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Die Aufgaben der Apotheken in der Gesundheitsversorgung werden erweitert und die wirtschaftliche Betriebsführung der Apotheken wird verbessert. Insbesondere öffentliche Apotheken im ländlichen Raum werden gestärkt und Bürokratie abgebaut.
Apotheken vor Ort sind ein elementarer Teil der Arzneimittelversorgung und unserer gesundheitlichen Daseinsvorsorge. Unser klares politisches Ziel ist es, sie von unnötiger Bürokratie zu befreien und ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die dort vorhandenen Kompetenzen sollen in Zukunft noch deutlich breiter genutzt werden, um den Menschen ein möglichst niedrigschwelliges Versorgungsangebot machen zu können. Die damit verbundenen Chancen stehen für mich im Mittelpunkt und die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen etwa, dass Impfungen in Apotheken zu deutlich höheren Impfquoten führen können. Die politische Zusage der Honorarerhöhung durch die Anhebung des Packungsfixums gilt und wird im kommenden Jahr zügig wieder auf die Tagesordnung kommen.
Die wesentlichen Regelungen des ApoVWG
- Insbesondere für Apothekenstandorte in ländlichen Gebieten wird ein neuer Zuschuss für Teilnotdienste eingeführt. Zudem stärken die Maßnahmen die Arzneimittelversorgung in abgelegenen Orten mit deutlich eingeschränkter Arzneimittelversorgung, indem die Gründung von Zweigapotheken erleichtert wird.
- Mit behördlicher Genehmigung können im Rahmen einer praktischen Erprobung erfahrene pharmazeutisch-technische Assistentinnen und pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) zur vorübergehenden Aufrechterhaltung des Betriebs von Apotheken in ländlichen Regionen für maximal 20 Tage, davon höchstens 10 Tage am Stück, ihre Apothekenleitung vertreten.
- Zur Stärkung der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und tabakassoziierten Erkrankungen und Früherkennung von hierfür maßgeblichen Erkrankungsrisiken sind neue pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) vorgesehen. Zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit sollen die Durchführung von pDL und deren Ergebnis in der elektronischen Patientenakte gespeichert und die behandelnde ärztliche Person über bestimmte pDL informiert werden. Diese können auch ärztlich verschrieben werden.
- Apotheken sollen zukünftig Impfungen mit allen Impfstoffen, die keine Lebendimpfstoffe sind, durchführen können (z.B. Tetanus, FSME). Neben der Erweiterung der ärztlichen Schulung wird die Vergütungsverhandlung auf die neuen Impfmöglichkeiten ausgeweitet.
- Apotheken wird die Abgabe von bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung ermöglicht. Dies gilt zum einen unter bestimmten Bedingungen bei der Anschlussversorgung bei chronischen Erkrankungen, zum anderen bei bestimmten akuten, unkomplizierten Erkrankungen. Hierzu sollen die Ausnahmen eng begrenzt sein. Das BMG wird ermächtigt, in einer Rechtsverordnung die entsprechenden Erkrankungen, Arzneimittel und Vorgaben für die Abgabe festzulegen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie die Arzneimittelkommissionen der Ärzte und der Apotheker werden bei der Erstellung eingebunden. Die Abgabemöglichkeit erstreckt sich nicht auf Arzneimittel mit hohem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential und nicht auf systemisch wirkende Antibiotika.
- Testen in Apotheken und Pflegeeinrichtungen: In Apotheken und zugelassenen Pflegeeinrichtungen sollen Schnelltests gegen bestimmte Erreger (z.B. Adeno-, Influenza-, Noro-, RS- und Rotavirus) erfolgen können. Mit der Anpassung des Heilmittelwerbegesetzes wird darüber hinaus die Werbung für In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung erweitert und Apothekerinnen und Apothekern außerhalb von Fachkreisen die Werbung für Testungen gestattet.
- Nullretaxationen aus formalen Gründen werden ausgeschlossen: Gibt die Apotheke ein Arzneimittel ab, dass mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist und für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und eine austauschbare Darreichungsform besitzt, darf die Krankenkasse beispielsweise wegen geringfügiger Fehler bei der Abrechnung nicht mehr auf Null retaxieren.
- Apotheken sollen künftig bei der Einlösung von Arzneimittelverordnungen ein vorrätiges Arzneimittel abgeben dürfen, sofern rabattierte Arzneimittel nicht verfügbar sind. Diese Regelung wird zunächst zeitlich befristet und im Anschluss evaluiert.
- Im Hinblick auf flexiblere Arbeitszeitmodelle kann die Apothekenleitung von Filial- oder Zweigapotheken auch durch zwei Personen wahrgenommen werden. Dabei kann eine zeitliche oder organisatorische Abgrenzung der Verantwortlichkeiten erfolgen.
- Im Rahmen eines Heimversorgungsvertrags können Arztpraxen Rezepte und E-Rezepte für die von der heimversorgenden Apotheke versorgten Heimbewohnerinnen und -bewohner direkt an die heimversorgende Apotheke übermitteln.
- Apotheken wird die Möglichkeit eröffnet, zur Lagerung von Fertigarzneimitteln eingesetzte Kommissionierautomaten auch zur Lagerung von verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln in Form von Fertigarzneimitteln zu nutzen.
Parallel zum Gesetzentwurf erstellt das BMG eine ergänzende Verordnung, die weitere wichtige Regelungen vorsieht, unter anderem zur Apothekenvergütung:
- Empfehlung zur Anpassung der Honorare über eine jährliche Verhandlungslösung zwischen dem Verband der Apotheken und dem GKV-Spitzenverband.
- Wiedereinführung von handelsüblichen Skonti zwischen Apotheken und dem pharmazeutischen Großhandel.
- Der Zuschuss für Nacht- und Notdienste wird nahezu verdoppelt. Dadurch wird die Vergütung ländlicher Apotheken signifikant angehoben.
- Bei der Abgabe von bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung können die Apotheken eine zusätzliche Vergütung von ihren Kunden erhalten.
- Die Verordnung enthält darüber hinaus Maßnahmen zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes sowie der Betriebsabläufe einschließlich der Öffnungszeiten.
- Zudem sind strengere Qualitätsvorgaben für den Arzneimittelversandhandel vorgesehen.
Weitere Informationen
-
Chronik des Gesetzes
Alle Stationen und Entwürfe sowie weitere Informationen zum Gesetze zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (ApoVWG) stehen in diesem Verzeichnis zum Download bereit.