Lauterbach: „Die Freiheit gewinnen wir durch die Impfung zurück.“
Bundegesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach macht sich in der Orientierungsdebatte zur allgemeinen Impfpflicht im Deutschen Bundestag als Abgeordneter stark für die Einführung einer Impfpflicht, um für den Herbst gerüstet zu sein.
Klicken Sie auf den Button, um den Inhalt nachzuladen.
Prof. Dr. Karl Lauterbach:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte mich zunächst einmal für die hervorragende Debatte bedanken, von der ich sehr profitiert habe und aus der ich viel mitgenommen habe. Ich hatte an dieser Stelle ja schon oft gesagt: Das ist keine Gelegenheit für Parteipolitik. - Von sehr wenigen Beiträgen abgesehen, haben wir die Gelegenheit heute genutzt, und dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
Ich möchte auch darauf hinweisen: Mein Haus bearbeitet alle Anträge. Wir unterstützen logistisch, in rechtlicher Hinsicht, in medizinischer Hinsicht. Auch die Anträge, die mir persönlich nicht gefallen, werden unterstützt. Das gilt ausdrücklich auch für Anträge, die vielleicht noch aus den Reihen der Union kommen werden.
Alles wird gleichermaßen unterstützt, und dafür stehe ich zur Verfügung.
Wir kämpfen derzeit mit einer neuen Variante, mit der Omikron-Variante. Die Omikron-Variante befällt auch Geimpfte, und die Verläufe sind leichter. Vielleicht ist das die Alternative zur Impfung. Vielleicht brauchen wir die Impfpflicht gar nicht mehr; vielleicht ist die Omikron-Variante der Weg aus der Pandemie heraus in die Endemie, ohne dass wir die Impfpflicht nötig hätten. Das ist leider nicht so.
Zum Ersten ist es bereits jetzt so, dass die Modelle des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass diejenigen, die nicht geimpft sind, von der Omikron-Variante bedroht sind und wir wahrscheinlich mit Belegungen der Intensivstationen mit bis zu 5 000 Menschen rechnen müssen. Zum Zweiten gibt es international so gut wie keinen Wissenschaftler, der mir bekannt wäre, der sagt, die Omikron-Variante wäre die letzte Variante, mit der wir zu rechnen haben.
Und zum Dritten ist es auch noch so, dass wir Varianten erwarten müssen, die sowohl die Escape-Mutationen der Omikron-Variante wie auch die Fitnessvariantenanteile der Delta-Variante enthalten, sodass wir sozusagen die Ansteckung mit der Omikron-Variante und den schweren Verlauf der Delta-Variante erleben könnten. Vor diesen sogenannten rekombinierten Varianten haben wir Angst. Wenn wir dies im Herbst sicher vermeiden wollen, dann ist der einzige Weg eine Impfpflicht, mit der wir uns alle gegenseitig schützen. Und damit müssen wir jetzt beginnen.
Ich möchte auch ausdrücklich darauf hinweisen: Wir kommen nicht weiter, indem wir das Problem von uns wegschieben.
Der Kollege Krings hat eben in seiner Rede gesagt - einiges davon teile ich, anderes nicht -: Wir können das doch erst mal abwarten; wir müssen so etwas wie einen Vorratsbeschluss haben. - Das ist medizinisch nicht machbar. Wir brauchen für die Umsetzung der Impfpflicht mindestens fünf bis sechs Monate. Das heißt, wenn wir die Impfpflicht jetzt beschließen und dann umsetzen, dann sind wir im Herbst gerüstet.
Wenn wir das Problem von uns wegschieben, dann wird das Problem mit voller Stärke zurückkommen. Das können wir den Kindern, den Pflegekräften, den Ärzten und den gefährdeten und belasteten Menschen, die wir nicht impfen können, nicht weiter zumuten. Wir müssen handeln!
Ich höre auch immer wieder, dass fälschlicherweise behauptet wird, die Impfpflicht stünde der Freiheit im Wege, sie stünde der Freiheit entgegen. Ich sage so viel: Die Freiheit gewinnen wir durch die Impfung zurück.
Es ist das Virus, das uns belagert. Hegel hat einmal gesagt - und er hatte in dieser Hinsicht recht -: „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit.“ Das ist der Punkt, an dem wir derzeit sind. Wir werden nicht zurückkommen zu dem Leben, das wir geliebt und geschätzt haben, ohne dass wir jetzt den Spaten drehen, ohne dass wir uns gemeinsam entscheiden. Die dreifache Impfung ist der sichere Weg, diese Freiheit zurückzuerlangen.