Lauterbach zum Gesundheitsetat 2024

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach spricht im Bundestag zum Gesundheitsetat 2024.

01. Februar 2024

Klicken Sie auf den Button, um den Inhalt nachzuladen.

Hinweis: Durch den Aufruf des Videos werden Sie über einen externen Link auf die Seite von Dritten weitergeleitet. Auf Art und Umfang der von diesem Anbieter übertragenen bzw. gespeicherten Daten hat das BMG keinen Einfluss.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich zunächst einmal darauf hinweisen, dass man sehr selbstbewusst oder vergangenheits-vergessen sein muss, wenn man sich hier hinstellt und beklagt, dass eine Finanzierungsreform fehlt. Als ich ins Amt kam, hat mir mein Vorgänger ein Defizit von 17 Milliarden Euro hinterlassen. 17 Milliarden Euro sind mit Abstand das größte Defizit, was die GKV jemals gehabt hat, seitdem es die GKV gibt. Das haben wir ausgeglichen. Das war ein Defizit in der gleichen Größenordnung wie das Haushaltsdefizit. Das haben wir klaglos gemacht. Das habe ich übrigens gemacht, ohne viel Kritik am Vorgänger zu üben, weil das nicht mein Stil ist. Aber ich wundere mich schon, dass Sie hier die Chuzpe haben, ausgerechnet die Finanzierungsreform anzumahnen, wo Sie 16 Jahre Zeit gehabt hätten, selbige zu machen.

Ich möchte Helge Braun zustimmen: Wir müssen viel unternehmen, um die Babyboomer gut zu versorgen. In der Tat sind wir da an der Arbeit. Ich will ein paar Punkte nennen, die große Bedeutung haben und bei denen wir übrigens auch schon einiges gemacht haben.

Es ist ja unstrittig, dass Deutschland, wenn es um das Gesundheitssystem geht, ein Entwicklungsland ist. Wir liegen - das wird unterschiedlich bewertet - 10 oder 15 Jahre zurück, nichts funktioniert.
Wir hatten kein E-Rezept, keine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und keine elektronische Patientenakte. Die Daten konnten mithilfe der künstlichen Intelligenz nicht verwertet werden. Das alles hat nicht funktioniert. Wir haben mit dem Digital-Gesetz und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es überhaupt eine elektronische Patientenakte geben kann und dass die Daten für Forschung und künstliche Intelligenz genutzt werden können. Das haben wir bereits gemacht, und das war eine großartige Leistung, für die ich mich hier auch bedanke. Das musste noch erwähnt werden.

Um die Hausärzte, wie angekündigt, besser zu bezahlen, nehmen wir eine Entbudgetierung vor. Spätestens in wenigen Wochen wird Ihnen das lange angekündigte Gesetz vorliegen. Es ist immer besser und umfangreicher geworden. Wir haben uns mit den Hausärzten darauf verständigt, die Quartalspauschale abzuschaffen. Wir wollen zu einem System kommen, das dafür sorgt, dass die Praxen nicht mit Patienten überfüllt sind, die nur wegen der Verlängerung eines Rezeptes, wofür der Hausarzt ein Honorar bekommt, wegen der Absprache eines Termins, der eigentlich telefonisch gemacht werden könnte, oder wegen einer Krankschreibung vorbeikommen.

All diese Termine werden dann wegfallen. Dies und die Entbudgetierung werden den Hausarztberuf deutlich attraktiver machen. Das ist eine wichtige Reform, an der wir schon lange gearbeitet haben.

Herr Braun, Sie haben ja völlig recht: Uns fehlt es bei der Pflege. Aber wir alle kennen doch den Elefanten im Raum: In Deutschland darf Pflege weniger, als sie kann. Die Kompetenz der Pflege wird nicht ausreichend genutzt. Zudem werden die Pflegekräfte nicht ausreichend bezahlt. Daher haben wir Mühe, Menschen für die Pflege zu gewinnen, im Ausland wie im Inland. Das verändern wir jetzt durch ein großes Pflegekompetenzgesetz, wonach qualifizierte Pflegekräfte zum Beispiel bei der Diabetesversorgung, bei der Demenzversorgung oder bei der Behebung von Wundheilungsstörungen selbstständig arbeiten können, nicht nur auf Zuruf der Ärzte. Das ist ein großer Schritt nach vorn, den wir dringend benötigen.

Wir haben auch große Defizite bei der Vorsorgemedizin. Bei der Vorbeugemedizin haben wir mittelmäßige Ergebnisse hinsichtlich Lebensqualität und Lebenserwartung. Wir errichten ein neues Bundesinstitut für Vorbeugemedizin. Das hätten wir schon längst tun sollen. Wir werden darüber hinaus Vorsorgetermine einführen, um schon bei Kindern die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen - hier haben wir die größten Probleme haben - systematisch zu erkennen und zu beheben. Damit können wir die Lebensqualität und die Lebenserwartung unserer Bevölkerung deutlich verbessern. Das entsprechende Gesetz ist wichtig und wird kommen.

Lassen Sie mich zum Schluss dem Kollegen Klein ganz herzlich danken. Es stimmt: Die Auseinandersetzung mit den Ländern über das Krankenhausgesetz ist schwierig. Aber ich kann Ihnen versichern: Wir sind diesbezüglich nach mehr als einem Jahr auf der Endstrecke. Wir haben ein sehr gutes Gesetz vorbereitet. Das Transparenzgesetz, das Sie unsinnig finden, Herr Sorge, ist die Grundlage dafür, dass die Menschen, die zum Beispiel vor einer Krebsoperation stehen, in der Lage sind, sich selbst zu informieren: Wo werden diese Eingriffe gut gemacht? Wo werden sie häufig gemacht? Mit welcher Zertifizierung, mit welcher Qualifikation? Das sind doch Informationen, die wir den Bürgern schon seit langer Zeit schulden.

Das lasse ich hier doch nicht strittig stellen!

Zwischenfrage von Tino Sorge (CDU/CSU):

Sie wissen ja, dass wir bei vielen Dingen nicht einer Meinung sind. Aber ich finde es schade, dass Sie suggerieren, die Kritik am Transparenzgesetz komme ausschließlich von der Opposition. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen - das ist ja auch in den Bund-Länder-Gesprächen einer der großen Kritikpunkte -, dass die Bundesländer sagen: „Eine Reform und insbesondere ein Transparenzgesetz in dieser Form braucht niemand“? Das ist ja der Kernpunkt der Kritik: zusätzliche Bürokratie. Wir sind uns einig, dass sich Patienten besser informieren sollen. Aber es geht um den Weg und die Art und Weise, wie das passiert. Da Sie den Kliniken, den Ländern, den Ärztinnen und Ärzten sowie der Pflege finanzielle Mittel vorenthalten, weil Sie mit dem Kopf durch die Wand wollen und dieses Transparenzgesetz an den Ländern vorbei - ohne ihre Beteiligung, wie Sie gestern noch mal zum Ausdruck gebracht haben - durchsetzen wollen, ist doch klar, dass Kritik von den Ländern kommt. Ist Ihnen das nicht verständlich? Das würde ich gern mal wissen.

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

Ich habe in keiner Weise gesagt oder angedeutet, dass die Kritik nur von der Opposition käme oder von Ihnen - so wichtig wäre mir die Kritik dann, ehrlich gesagt, auch nicht gewesen -, sondern ich weiß, dass dieses Gesetz von vielen kritisiert wird. Aber das macht es doch nicht falsch. Wir schulden den Bürgerinnen und Bürgern klare Informationen: Welche Klinik ist auf welche Eingriffe spezialisiert? Wie hoch sind die Komplikationsraten? Wie oft werden bestimmte Eingriffe durchgeführt? Das sind unfassbar wichtige Informationen. Ich kann Ihnen sagen, dass nach solchen Informationen auch viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen an Wochenenden für Verwandte oder für sich selbst forschen. Da habe ich auch schon den einen oder anderen Anruf bekommen. Solche Informationen lassen niemanden kalt, wenn sie benötigt werden.

Ich komme zum Schluss. Wir werden eine gute Reform mit den Ländern abschließen. Wir sind übrigens, was das Transparenzgesetz angeht, nur mit einer Stimme gescheitert; es hat eine Stimme gefehlt. Die werden wir beim nächsten Anlauf haben.

Es ist nicht so, dass alle Länder dagegen waren, sondern es fehlte einfach nur eine Stimme. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Wir werden gemeinsam mit den Ländern zum Schluss ein gutes Gesetz hinbekommen - ein Gesetz, welches wir seit 15 Jahren benötigen und mit dem wir die Voraussetzungen schaffen, dass die Babyboomer-Generation so gut versorgt wird, wie sie es verdient und von uns auch erwarten kann.

Ich danke Ihnen.

Hinweis
Sehr geehrte Damen und Herren, Sie nutzen leider eine Browser-Version, die nicht länger vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt wird. Um das Angebot und alle Funktionen in vollem Umpfang nutzen zu können, aktualisieren Sie bitte ihren Browser auf die letzte Version von Chrome, Firefox, Safari oder Edge. Aus Sicherheitsgründen wird der Internet Explorer nicht unterstützt.