Betriebliche Gesundheitsförderung
Was steckt dahinter?
In den vergangenen Jahren hat die Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz zunehmend größeres Interesse gefunden, da sie ein geeignetes Mittel ist, auf die gesundheitlichen Beanspruchungen der Beschäftigten und veränderten psychischen Belastungen durch eine sich verändernde Arbeitswelt angemessen zu reagieren. Es geht darum, gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz zu erkennen und mit geeigneten Maßnahmen zu reduzieren sowie die Ressourcen und Gesundheitskompetenz der Beschäftigten zu stärken. Um die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden der Beschäftigten zu fördern, kommen vielfältige Maßnahmen in Betracht, die sowohl auf das Verhalten der Beschäftigten abzielen, als auch auf die Verhältnisse, wie beispielsweise die Gestaltung der Arbeitstätigkeit, der Arbeitsbedingungen und die betrieblichen Rahmenbedingungen.
Die betriebliche Gesundheitsförderung ist eine der drei Säulen des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Es umfasst neben der betrieblichen Gesundheitsförderung, die Bereiche des Gesundheits- und Arbeitsschutzes und des betrieblichen Eingliederungsmanagements. . Es schließt alle im Betrieb durchgeführten Maßnahmen zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen sowie zur Verringerung von Krankheitsrisiken ein.
Schon kleine Schritte können viel bewirken. Die Einleitung und Umsetzung von Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung ist für die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber eine auf freiwilliger Basis erfolgte Investition in die Gesundheit der Beschäftigten und liegt damit auch im Interesse des eigenen Unternehmens. Die Krankassen haben den gesetzlichen Auftrag, die Unternehmen beim Aufbau gesundheitsförderlicher Strukturen zu beraten und zu unterstützen. Erstberatung übernehmen dabei die regionalen BGF-Koordinierungsstellen, die an die richtigen Ansprechpersonen der Krankenkassen verweisen. Die Krankenkassen helfen unabhängig von der Größe der Unternehmen dabei, Bedarfe für gesundheitsförderliche Maßnahmen zu erkennen und umzusetzen.
Unternehmen unternehmen Gesundheit
Wir alle verbringen einen großen Teil unserer Zeit an unserem Arbeitsplatz. Was liegt also näher, als dafür zu sorgen, unser Arbeitsumfeld so zu gestalten, dass es für den Erhalt unserer Gesundheit förderlich ist?
Viele Firmen haben dies für sich bereits erkannt. Sie haben die Gesundheitsförderung zu einer Managementaufgabe in ihren Betrieben gemacht. Häufig sind es die kleinen und mittleren Unternehmen, die die Möglichkeiten der betrieblichen Gesundheitsförderung noch nicht ausreichend nutzen. Der Grund ist, dass sie oft nur wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und einen begrenzten Gestaltungsspielraum haben. Dennoch steht fest: Investitionen in die Gesundheitsförderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, gerade auch von kleinen und mittleren Betrieben, sind immer Investitionen in die Zukunft des eigenen Unternehmens.
Gesunde Beschäftigte in gesunden Unternehmen sind ein Ziel, an dem sich alle im Betrieb beteiligen sollten. Wichtige Akteure für das Thema sind im Unternehmen sowohl die Unternehmensleitung, die Betriebs- und Personalräte, die Betriebs- und Werksärzte als auch die Beschäftigten.
Wichtige Ansprechpartner sind die Krankenkassen, denn sie verfügen über die Kenntnisse und finanzielle Ressourcen, um den Betrieben die notwendigen Grundlagen zum Aufbau gesundheitsförderlicher Strukturen zur Verfügung zu stellen. In ihren gemeinsamen regionalen BGF-Koordinierungsstellen bieten sie kostenlos Erstberatung an und unterstützen beim Erstkontakt zur zuständigen Krankenkasse.
Vorteile
Für Unternehmen und Beschäftigte ergeben sich durch eine erfolgreiche Implementierung von betrieblicher Gesundheitsförderung zahlreiche Vorteile!
Arbeitgeberin / Arbeitgeber |
Arbeitnehmerin / Arbeitnehmer |
Sicherung der Leistungsfähigkeit aller Beschäftigten |
Verbesserung des Gesundheitszustandes und Senkung gesundheitlicher Risiken |
Stärkung der Identifikation der Beschäftigten mit dem Unternehmen |
Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und Verbesserung des Betriebsklimas |
Kostensenkung durch weniger Krankheits- und Produktionsausfälle |
Reduzierung der Arztbesuche |
Steigerung der Produktivität und Qualität |
Verringerung von Belastungen |
Imageaufwertung des Unternehmens |
Verbesserung der Lebensqualität |
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit |
Erhaltung/Zunahme der eigenen Leistungsfähigkeit |
Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Unternehmen |
Mitgestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs |
Chancen und Barrieren
Die betriebliche Gesundheitsförderung ist überwiegend in großen Unternehmen zu finden. Die tragende Säule der deutschen Wirtschaft mit rund 55 % sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten – die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)– nutzt diese Möglichkeiten noch zu selten. Eine der größeren Hürden stellt fehlendes Wissen über die Umsetzung dar. Viele Betriebe kennen die vielfältigen Möglichkeiten nicht und sind mit der Umsetzung überfordert, da ihnen nur wenige Ressourcen zur Verfügung stehen bzw. ihnen Kooperationsmöglichkeiten nicht bekannt sind.
Dabei können KMU folgende Vorteile für ihr Unternehmen nutzen:
- große Autonomie
- kurze Kommunikationswege
- flache, personenbezogene Hierarchien
- hohe Flexibilität
Einstieg und erste Schritte
Für Unternehmen, die mit der betrieblichen Gesundheitsförderung beginnen, empfiehlt sich die kostenlose Erstberatung bei der jeweiligen regionalen BGF-Koordinierungsstelle. Im Rahmen dieser Erstberatung führen die dort zuständigen Ansprechpersonen eine Erstanalyse durch. Zu den wichtigsten Fragen gehören:
- Existieren bereits BGF-Strukturen im Unternehmen (z.B. Steuerungsgremium)?
- Wurden bereits Analysen zur Erhebung der Gesundheitssituation der Beschäftigten durchgeführt (z.B. Gefährdungsanzeigen, Gesundheitsberichte)?
- Gab es bereits eine Zusammenarbeit zum Thema BGF mit einer Krankenkasse?
- Ist die Zusammenarbeit mit einer Krankenkasse im Bereich BGF denkbar?
- Welches Thema ist im Bereich BGF für das Unternehmen aktuell relevant?
Auf Grundlage dieser Erstanalyse unterstützt die regionale Koordinierungsstelle bei der Vernetzung mit Ansprechpersonen der Krankenkassen, die die Umsetzung im Unternehmen begleiten.
Bedarfsanalyse
Bevor im nächsten Schritt die konkrete Umsetzung von gesundheitsförderlichen Maßnahmen startet, ist das Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von hoher Bedeutung. Denn für die Themenauswahl sind vor allem die Bedürfnisse des Unternehmens und der Beschäftigten relevant. Auch in diesem Schritt unterstützen die Ansprechpersonen der Krankenkassen.
- Tipp: Laden Sie ein kleines Team ein und diskutieren Sie das Thema BGF. Dabei hat es sich als sinnvoll erwiesen, dieses Team möglichst "bunt" zusammenzusetzen: Unternehmensleitung, Personal- oder Betriebsrat, die Beschäftigten, Betriebsärzte, Sozialberatung und andere Betriebsangehörige. Wenn Sie ein kleines Unternehmen sind, reicht es auch, wenn Sie sich mit nur einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter besprechen. Sie können auch regelmäßige Sitzungstermine nutzen, in die Sie das Thema einbinden.
Umsetzung von Maßnahmen in der betrieblichen Gesundheitsförderung
Aufbauend auf den Ergebnissen der Bedarfsanalyse können konkrete Maßnahmen für das Unternehmen abgeleitet werden. Krankenkassen bieten neben der Prozessbegleitung, Beratung für verhältnispräventive Maßnahmen sowie finanzielle Unterstützung für verhaltenspräventive Maßnahmen an und sind vernetzt mit Expertinnen und Experten, welche unterschiedlichste Maßnahmen umsetzen. Die Rahmenbedingungen für die finanzielle Unterstützung sowie die Vernetzung durch Krankenkassen können im Leitfaden Prävention des GKV-Spitzenverbandes eingesehen werden.
Was sind Maßnahmen?
Die betriebliche Gesundheitsförderung umfasst Maßnahmen, die auf das Verhalten von Menschen ausgerichtet sind (Verhaltensprävention) und Maßnahmen, die Arbeitsbedingungen analysieren und verbessern (Verhältnisprävention). Oftmals ist eine klare Trennung in der Praxis nicht möglich und auch nicht sinnvoll, da die Bereiche sich gegenseitig beeinflussen. So verursachen zum Beispiel Über- und Unterforderung von Beschäftigten Stress und Demotivation. Um diese Auswirkungen zu vermeiden, sind neben Kursen zur Stressbewältigung auch Änderungen der Arbeitsbedingungen notwendig. Nachfolgend sind mögliche Präventionsmaßnahmen beispielhaft dargestellt:
Arbeitgeber / Verhältnisprävention |
Arbeitnehmer/ Verhaltensprävention |
ausgewogene Kantinenkost |
Ernährungskurse, Ernährungsberatung |
gesundheitsförderliche Arbeitsplätze |
Angebot zur Förderung der Bewegung |
gesundheitsgerechte Mitarbeitendenführung |
Kurse zur Entspannung, Stressmanagement, Weiterbildung |
rauchfreier Betrieb |
Kurse zur Tabakentwöhnung |
Verbesserung des Betriebsklimas (Maßnahmen gegen Mobbing, Mitarbeiterführung, Leitbild, transparente Kommunikation, Führungskompetenz) |
Hilfs- und Beratungsangebote |
Etablierung von Gesundheitszirkeln, bauliche Maßnahmen zur Gesundheitsförderung |
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Auf der Grundlage der krankheitsbedingten Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft und der von den Krankenkassen geförderten Handlungsfelder bieten sich zum Einstieg die folgenden Themen an:
- arbeitsbedingte körperliche Belastungen, Rückengesundheit
- Ernährung, Betriebsverpflegung
- psychosoziale Belastungen (Stress)
- Förderung individueller Kompetenzen zur Stressbewältigung am Arbeitsplatz
- gesundheitsgerechte Mitarbeitendenführung
- rauchfrei im Betrieb
Nachhaltige Verankerung der betrieblichen Gesundheitsförderung
Um langfristig Maßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzubieten und Arbeitsbedingungen zu schaffen, die der Gesundheit förderlich sind, lohnt es sich folgende Fragestellungen zu fokussieren:
- Gesundheitsstrategie: Welche Ziele sollen durch die betriebliche Gesundheitsförderung erreicht werden? Wie wird betriebliche Gesundheitsförderung zu einem festen Bestandteil im Unternehmen? Welche Personen aus dem Unternehmen sind an dem Prozess langfristig zu beteiligen?
- Bedarfsanalyse: In welchen Zeitabständen und mit welchen Instrumenten werden die Bedarfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfasst?
- Maßnahmenumsetzung: Wie werden Ziele und Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung kommuniziert? Welche Ressourcen und Mittel stehen für Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung zur Verfügung?
- Evaluation: Werden durch die angebotenen Maßnahmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens erreicht? Werden Ziele durch Maßnahmen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung umgesetzt?
Auch bei der Etablierung langfristiger BGF-Strukturen werden Unternehmen von einer Ansprechperson der Krankenkasse begleitet. Darüber hinaus sind der Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen zum Aufbau und zur Erhaltung von BGF-Strukturen gewinnbringend. Überbetriebliche Netzwerke werden von den Krankenkassen gefördert.
Tipp: „Gesundheit“ entsteht nicht von heute auf morgen. Seien Sie geduldig und nehmen Sie auch Rückschläge in Kauf. Gesundheit im Unternehmen umfasst viele Bereiche und setzt Vertrauen voraus! Dazu brauchen Sie einen langen Atem und viel Durchhaltevermögen. Und Sie sollten Prioritäten setzen. Es geht nicht alles auf einmal!
Steuerliche Vorteile
Die Förderung der Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird steuerlich nach § 3 Nummer 34 Einkommensteuergesetz (EStG) unterstützt. Bis zu 600 Euro können Arbeitsgeberinnen und Arbeitgeber pro Beschäftigten jährlich steuerfrei für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken und zur Förderung der Gesundheit erbringen.
Es können Maßnahmen steuerbefreit geleistet werden, die hinsichtlich Qualität, Zweckbindung, Zielgerichtetheit und Zertifizierung den Anforderungen der §§ 20 und 20b SGB V genügen. Nähere Informationen zu den Anforderungen an die Leistungen, die steuerfrei von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern erbracht werden können, sind dem Handbuch des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. April 2021 zu entnehmen.
Zu der steuerlichen Behandlung von Gesundheitsmaßnahmen darf das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtsverbindlichen Auskünfte erteilen. Um als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber Rechtssicherheit und Haftungsfreiheit bezüglich der zutreffenden Anwendung des § 3 Nummer 34 EStG erreichen zu können, besteht aber die Möglichkeit, zum jeweiligen Einzelsachverhalt eine Anrufungsauskunft beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt (§ 42e EStG) einzuholen.