"Eine Form von Körperverletzung"
Spahn spricht sich im taz-Interview für ein Verbot der Konversionstherapie aus. Homosexualität sei keine Krankheit, die geheilt werden müsse, so der Gesundheitsminister.
Konversationstherapien ("Homo-Heilung") – hier finden Sie die Antworten von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf die Fragen von Markus Kowalski, taz vom 15.02.2019.
taz: Herr Spahn, es gibt radikale ChristInnen, die glauben, dass man Homosexualität heilen müsse. Seit Monaten fordern AktivistInnen von Ihnen, solche kruden Konversionstherapien gesetzlich zu verbieten. Wann handeln Sie?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Homosexualität ist keine Krankheit und deswegen ist sie auch nicht therapiebedürftig. Deswegen bin ich für ein Verbot der Konversionstherapie. Ich halte nichts von diesen Therapien, schon wegen meines eigenen Schwulseins. Ich sage immer, der liebe Gott wird sich was dabei gedacht haben. Jetzt geht es um die praktische Umsetzung. Ich werde das Gespräch mit der zuständigen Justizministerin Katarina Barley suchen. Das Gesetz muss klar genug sein, damit es Wirkung entfaltet.
Der Grüne Volker Beck hat dazu bereits 2013 einen Gesetzentwurf eingebracht. Er wollte Konversionstherapien als Ordnungswidrigkeit mit mindestens 500 Euro Geldbuße bestrafen. Was halten Sie davon?
Mir ist die Ordnungswidrigkeit eine Nummer zu klein. Das Berufsrecht sollte regeln, dass es Konsequenzen für die Ausübung des Berufs hat, wenn jemand diese Therapien anbietet. Im Sozialrecht sollte erklärt werden, dass es keine Vergütung für diese Angebote geben darf. Für das Strafrecht ist noch fraglich, welches Strafmaß angemessen ist. Die Grünen wollten damals eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro. Das finde ich nicht übermäßig abschreckend.
Sie haben sich im August schon einmal für ein Verbot von Konversionstherapien ausgesprochen. Sie sagten damals, Sie wüssten nicht, wie das gesetzlich umgesetzt werden kann. Sind Sie jetzt schlauer?
Wir wollen dazu eine Schnellstudie bei der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Auftrag geben. Dabei soll zusammengetragen werden, was in anderen Ländern rechtlich passiert ist, zum Beispiel in Malta, New York und Australien. Auf dieser Grundlage werden wir dann entscheiden, was wir in Deutschland umsetzen können. Dazu müssen wir aber noch Kollegen der anderen Ressorts überzeugen.
Wann kommt die Schnellstudie?
Ich fände es gut, wenn wir uns bis zum Sommer auf einen Regelungsvorschlag geeinigt haben.
Es ist umstritten, ob nur Konversionstherapien an Minderjährigen verboten werden sollen oder auch Angebote für Erwachsene. Was ist Ihre Position?
Wir sollten das Gesetz möglichst weit fassen. Für Minderjährige muss es auf jeden Fall gelten. Rechtlich können diese Angebote heute schon eine Form von Körperverletzung sein, nicht nur bei Minderjährigen.
Das Gesundheitsministerium sagte noch im vergangenen Juli, dass es kein Verbot anstrebe. Wieso jetzt die Wende?
Ich habe immer gesagt, dass ich mir ein Verbot vorstellen kann. Nachdem jetzt monatelang nichts passiert ist, bin ich willens, dem Ganzen mehr Aufmerksamkeit und Nachdruck zu verleihen.
Aber wieso ist in den vergangenen Monaten von Ihrer Seite nichts passiert?
Es gab einen größeren Abstimmungsbedarf, weil wir das Thema nicht allein federführend bearbeiten.
In Bremen und Hessen wollen die Regierungsfraktionen das Verbot als Bundesratsinitiative einbringen. Schließen Sie sich dem an?
Jeder, der konkrete Vorschläge hat, ist herzlich willkommen. Aber die Debatte krankt daran, dass jeder sagt: Müssen wir regeln. Eine Petition ist schnell geschrieben. Die Frage, wie wir das konkret regeln, ist noch nicht beantwortet.
Aber als Minister sind Sie doch zuständig.
Deswegen werden wir jetzt auch zusammen mit dem Justizministerium eine Regelung erarbeiten.
Konversionstherapien werden in Deutschland überwiegend von Evangelikalen angeboten, und die sind auch in der Union organisiert. Wie wollen Sie das Gesetz gegen die Widerstände in der eigenen Partei durchsetzen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Unionsfraktion im Bundestag einen Anhänger von Konversionstherapien gibt.