10-Punkte-Plan zur Bekämpfung resistenter Erreger

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat einen 10-Punkte-Plan zur Vermeidung behandlungsassoziierter Infektionen und Antibiotika-Resistenzen vorgelegt.

25. März 2015

25. März 2015. In Deutschland treten jährlich zwischen 400.000 bis 600.000 behandlungsassoziierte Infektionen auf. Diese können im Zusammenhang mit einer stationären oder ambulanten Behandlung stehen. Die demographische Entwicklung, eine Zunahme an komplizierten medizinischen Eingriffen und der Anstieg an resistenten Infektionserregern tragen zu einer Verstärkung des Problems bei. Ein Drittel dieser Infektionen ist durch geeignete Maßnahmen vermeidbar. Durch eine enge Zusammenarbeit von Bund und Ländern, aber auch von Krankenhäusern und ihren Trägern muss dieser hohen Zahl von Infektionen mit jährlich 10.000 bis 15.000 Todesfällen entgegengewirkt werden.

Resistente Bakterien sind als Erreger nosokomialer Infektionen besonders gefährlich, da für eine Therapie nur noch wenige, ggf. auch keine Antibiotika mehr zur Verfügung stehen. Die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen wird durch einen unsachgemäßen Antibiotika-Einsatz beschleunigt. Konsequenzen sind längere und deutlich schwerere Krankheitsverläufe und vorzeitige Todesfälle. Dies betrifft Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen.

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren sowohl die bestehenden Gesetze und Instrumente ausgebaut, als auch neue Maßnahmen und Angebote entwickelt, um die Entstehung von behandlungsassoziierten Infektionen und Antibiotika-Resistenzen zu verringern, doch sind die bisherigen Erfolge noch nicht zufriedenstellend. Mit der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) wurden wichtige Schritte zur Eindämmung von behandlungsassoziierten Infektionen und Antibiotika-Resistenzen im human- und veterinärmedizinischen Bereich eingeleitet; weitere Maßnahmen müssen folgen, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. In 2011 wurde das Infektionsschutzgesetzes (IfSG) verschärft. In der Folge haben alle Länder Hygieneverordnungen erlassen bzw. angepasst und damit eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Hygiene in den Gesundheitseinrichtungen geschaffen. Von entscheidender Bedeutung ist, dass die Einhaltung und gewissenhafte Umsetzung weiter von den zuständigen Landesämtern kontrolliert wird.

Die Themen Hygiene, Qualitätssicherung und Transparenz werden im Bereich behandlungsassoziierte Infektionen noch immer nicht mit der nötigen Priorität angegangen. Darüber dürfen auch erste Erfolge, wie der Rückgang der MRSA-Infektionen, nicht hinweg täuschen. Der 10-Punkte-Plan dient deshalb dazu, die Anstrengungen auf allen Ebenen sowohl national als auch international weiter zu verstärken.

1. Ausbreitung multiresistenter Erreger verhindern

Alle Krankenhäuser sind verpflichtet, Risikopatienten bei Aufnahme ins Krankenhaus auf multiresistente Erreger zu untersuchen und bis zum Ausschluss einer Besiedelung zu isolieren. Dafür gelten die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO). Diese Vorgaben müssen durch die Krankenhäuser noch konsequenter umgesetzt werden. Die Bundesländer, die dafür Sorge tragen, dass die Hygieneregeln in den Krankenhäusern strikt beachtet werden, haben dabei eine entscheidende Rolle. Den Bundesländern wird vorgeschlagen, dass das Robert Koch-Institut die regionalen Netzwerke aus Gesundheitsämtern, Ärzten und Krankenhäusern zur Bekämpfung der Antibiotika-Resistenzen unterstützt. Darüber hinaus muss eine Pflicht zur Durchführung ambulanter Screenings vor planbaren Krankenhausaufenthalten weiter untersucht und geprüft werden. Der Bund hat bereits die gesetzliche Grundlage geschaffen, um risikobasierte Screenings auf multiresistente gram-negative Erreger (4MRGN) schon vor der Aufnahme in ein Krankenhaus erproben zu können. Anhand der Ergebnisse der Modellvorhaben sollen die Empfehlungen der KRINKO zum Screening angepasst und für alle Krankenhäuser verbindlich werden.

2. Hygienestandards in allen Einrichtungen weiter ausbauen

Eine wichtige Voraussetzung der Umsetzung von Hygienestandards ist qualifiziertes ärztliches und pflegerisches Personal sowie Reinigungspersonal in ausreichender Zahl. Die Krankenhäuser werden derzeit mit einem Hygiene-Förderprogramm in Höhe von 365 Millionen Euro dabei unterstützt bis 2016 notwendiges Hygienepersonal einzustellen sowie Ärzte und Pflegekräfte auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene weiterzubilden. Mit den Ländern muss verabredet werden, durch welche Maßnahmen die Krankenhäuser den Erhalt und den Ausbau des Hygienepersonals sicherstellen. Die Einhaltung der Maßnahmen des Hygieneförderprogramms ist ein wesentliches Qualitätskriterium von Krankenhäusern, das auch bei der Landeskrankenhausplanung berücksichtigt werden sollte.

3. Bessere Informationen zur Hygienequalität in Krankenhäusern

Patienten müssen sich ein objektives Bild von der Hygienequalität im jeweiligen Krankenhaus machen können. Deshalb sollen die Krankenhäuser verpflichtet werden, ihre Qualitätsberichte durch einen Zusatzteil mit verständlichen Patienteninformationen zu den Hygienestandards im Krankenhaus zu ergänzen. Das schafft Transparenz und trägt zur Qualitätssicherung bei.

4. Meldepflichten zur Früherkennung resistenter Erreger verschärfen

Damit die Gesundheitsämter wertvolle Zeit zum schnellen Handeln gewinnen, werden die Meldepflichten verschärft. Mit der Änderung der Meldepflichtverordnung müssen gefährliche resistente Erreger, wie z.B. multiresistente gram-negative Erreger (4MRGN) sowie Clostridium difficile, künftig bereits beim ersten Nachweis des Erregers gemeldet werden. Damit stehen dem Robert Koch-Institut notwendige epidemiologische Daten über die Entwicklung und Verbreitung dieser Erreger zur Verfügung, die zielgenaue Bekämpfungsmaßnahmen ermöglichen.

5. Verpflichtende Fortbildung des medizinischen Personals

Wissensdefizite und nicht angewendetes Wissen bei der Diagnostik, bei der rationalen Antibiotika-Therapie und der Vermeidung von Infektionen durch resistente Infektionserreger sind eine der Ursachen für steigende Antibiotika-Resistenzraten. Die Fortbildung von medizinischem Personal ist eine wesentliche Voraussetzung für einen sachgemäßen Einsatz von Antibiotika. Gemeinsam mit den Verantwortlichen soll daher eine verpflichtende Fortbildung des medizinischen Personals im ambulanten und stationären Bereich eingeführt werden.

6. Versorgungsforschung zur Vermeidung nosokomialer Infektionen verbessern

Um bekannte und heute noch unbekannte Erreger nosokomialer Infektionen wirksam bekämpfen zu können, muss die versorgungsnahe Forschung intensiviert werden. Über einen Zeitraum von drei Jahren sollen daher verstärkt Forschungsvorhaben zu den Themen nosokomiale Infektionen und Antibiotika-Resistenzen gefördert werden. Mit dem Ziel, die Forschungsanstrengungen weiterer öffentlicher und nichtöffentlicher Forschungsförderer in diesem für die Versorgungssicherheit zentralen Feld zu verstärken, soll eine gemeinsame "Task Force Antibiotikaforschung" bei den Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie für Gesundheit eingerichtet werden.

7. "One-Health"-Gedanken stärken: Aktualisierung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie

Die Gesundheit von Mensch und Tier ist eng miteinander verwoben. Maßnahmen im Bereich der Veterinärmedizin und Landwirtschaft haben Einfluss auf das Vorkommen resistenter Infektionserreger im humanmedizinischen Bereich und umgekehrt. Um diesen "One Health"-Gedanken weiter zu stärken, wird die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) der Bundesministerien für Gesundheit, Ernährung und Landwirtschaft sowie Bildung und Forschung bis Sommer 2015 aktualisiert. Ziel ist, das Auftreten von Antibiotika-Resistenzen und den Antibiotika-Verbrauch sowohl in der Human- als auch der Tiermedizin und der Landwirtschaft stärker zu überwachen und weitere Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Resistenzen zu unternehmen. Dazu muss auch die Zusammenarbeit der Akteure in der Human- und Tiermedizin sowie der Landwirtschaft verbessert werden.

8. Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika ermöglichen (Pharmadialog)

Durch die Zunahme von Antibiotika-Resistenzen stehen immer weniger Antibiotika für die Behandlung bakterieller Infektionen zur Verfügung. Der Bedarf an neuen Wirkstoffen ist groß. Doch nur noch wenige nationale und internationale Hersteller investieren in die Entwicklung neuer Antibiotika. Bei der Entwicklung neuer Antibiotika und alternativer Behandlungsmethoden kommt der Wissenschaft und der pharmazeutischen Industrie eine große Verantwortung zu. Im Rahmen des Pharmadialogs der Bundesregierung geht es deshalb auch darum, Hindernisse in Forschung und Entwicklung zu identifizieren und gemeinsam mit der Wissenschaft und der pharmazeutischen Industrie Lösungen zu erarbeiten, wie sie dieser Verantwortung gerecht werden können.

9. Deutsche globale Gesundheitspolitik zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen nutzen

Resistente Infektionserreger verbreiten sich weltweit und müssen weltweit bekämpft werden. Voraussetzung dafür ist, dass international das Bewusstsein für die damit einhergehenden Gefahren geschaffen wird und sich die Staatengemeinschaft verpflichtet, durch klar definierte Maßnahmen das Auftreten resistenter Erreger zu bekämpfen. Die WHO wurde daher damit beauftragt, bis Mai 2015 einen Globalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen auszuarbeiten. Mit den Erfahrungen aus der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag bei der Ausarbeitung und Umsetzung des Globalen Aktionsplans. In den kommenden fünf Jahren wird Deutschland Partnerländer dabei unterstützen, Nationale Strategien zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen zu entwickeln und umzusetzen. 

10. Antibiotika-Resistenzen durch Kooperation der G7 bekämpfen

Deutschland hat Gesundheit zu einem der Schwerpunkte seiner G7–Präsidentschaft gemacht und wird gemeinsam mit seinen Partnern konkrete Maßnahmen beschließen, um die Bekämpfung resistenter Krankheitserreger  voranzubringen. Dabei wird es auch darum gehen, Instrumente zur Entwicklung neuer Antibiotika, diagnostischer Testmethoden und alternativer Behandlungen, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft voranzubringen. 

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