Beobachtungsstudie zur deutschlandweiten Versorgung von ukrainischen Geflüchteten mit HIV-Infektion (ORANGE)
Ressortforschung im Handlungsfeld „Gesundheitsförderung und Prävention“
© Copyright: Dr. Annette Haberl
Beobachtungsstudie zur deutschlandweiten Versorgung von ukrainischen Geflüchteten mit HIV-Infektion (ORANGE)
Projektleitung
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
HIVCENTER
Dr. Anette Haberl
Theodor-W.-Adorno-Platz 111932 Frankfurt am Main
Projektlaufzeit
01.10.2022 bis 30.09.2023
Projektbeteiligte
- Deutsche Aids Gesellschaft e.V. (DAIG)
- Deutsche Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä) e. V.
- Pädiatrischen Arbeitsgemeinschaft AIDS (PAAD)
- Robert Koch Institut (RKI)
Motivation
Seit dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine im Frühjahr 2022 haben sich laut Ausländerzentralregister ca. eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland registrieren lassen. Unter diesen geflüchteten Menschen sind auch Menschen mit chronischen Infektionskrankheiten, wie z. B. HIV, bei denen eine nachhaltige Versorgung von großer Bedeutung ist. Um die Anzahl der Menschen zu identifizieren, die mit einer HIV-Infektion leben und eine Versorgung benötigen, hat die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG e.V.) mit Unterstützung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin e.V. (dagnä) im Juni 2022 eine online Umfrage zur Versorgung von HIV-Patientinnen und -Patienten aus der Ukraine unter den Mitgliedern von DAIG und dagnä durchgeführt. Diese Umfrage ergab, dass sich seit Ende Februar 2022 ca. 900 HIV-Patientinnen und -Patienten aus der Ukraine in deutschen HIV-Schwerpunktzentren vorgestellt hatten. Um eine Verschlechterung des HIV-Krankheitszustands geflüchteter Ukrainerinnen und Ukrainer zu vermeiden, muss deren Weiterbehandlung in Deutschland gesichert werden. Hierfür sind evidenzbasierte Daten zur bisherigen Behandlung und zum Infektions- und Erkrankungsstatus der Geflüchteten erforderlich. Die flächendeckende Versorgung HIV-positiver Geflüchteter ist zudem Voraussetzung, um die Weitergabe von HIV-Infektionen sowie die Entstehung und Übertragung resistenter HIV-Stämme zu verhindern.
Ziele und Vorgehen
Ziel des Vorhabens ist es, bundesweit rückblickend und anonym die Behandlungsdaten geflüchteter ukrainischer HIV-Patientinnen und -Patienten zu erfassen. Die Datenerfassung soll mithilfe eines Fragebogens erfolgen, der von HIV-Behandlungszentren ausgefüllt werden soll. Es sollen ukrainische Patientinnen und Patienten erfasst werden, die sich bundesweit von Februar bis Oktober 2022 erstmals in den Einrichtungen vorgestellt haben. Insgesamt sollen Behandlungsdaten von mehreren hundert Patientinnen und Patienten erfasst und analysiert werden.
Perspektiven für die Praxis
Das geplante Vorhaben soll erstmals die Versorgungswirklichkeit aus der Ukraine geflüchteter Menschen mit HIV in Deutschland abbilden. Damit können Versorgungslücken und Bedarfe evidenzbasiert identifiziert werden. Auf Grundlage der Studienergebnisse können entsprechende Maßnahmen der öffentlichen Gesundheit definiert werden. Anhand der gesammelten Informationen können zudem zielgruppenorientierte Behandlungs- und Präventionsangebote für HIV und andere Infektionskrankheiten wie Hepatitis und Tuberkulose formuliert werden. Gemeinsam mit der Verbreitung der analysierten Behandlungsdaten innerhalb des Gesundheitswesens kann dies kurz- und langfristig der Aufrechterhaltung des Wohls und der Gesundheit aus der Ukraine geflüchteter Menschen mit HIV dienen. Neben der Gewährleistung der adäquaten Versorgung aus der Ukraine geflüchteter Menschen mit HIV kann darüber hinaus auch die Übertragung von HIV und anderer Infektionskrankheiten in der Bevölkerung sowie die Entstehung und Weitergabe von Resistenzen verhindert werden. Schließlich kommen die Ergebnisse der ORANGE Studie auch den HIV-Behandlungszentren in der Ukraine zugute. Die Mitarbeitenden dort können sich so auf die veränderten Therapieregime ihrer Patientinnen und Patienten einstellen, um nach deren Rückkehr in die Ukraine auf den entsprechenden Bedarf an Medikamenten vorbereitet zu sein.