Antworten auf die Fragen der Passauer Neuen Presse

Spahn: "Soziale Dienstpflicht - Chance für einen Bewusstseinswandel"

Passauer Neue Presse: Herr Spahn, sollte Deutschland eine allgemeine soziale Dienstpflicht einführen oder auch die Wehrpflicht wieder einsetzen, wie es CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer vorgeschlagen hat?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Es ist es gut, dass die CDU jenseits von Koalitionen diese grundsätzliche Diskussion anstößt, ja. Unsere Aufgabe als Volkspartei ist es, Haltung zu zeigen und Verantwortung für Deutschland zu übernehmen. Dabei hat unsere Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer meine volle Unterstützung. Ich finde, wir sollten darüber breit in der Partei diskutieren und auf dem Bundesparteitag im Dezember entscheiden.

Aber lassen sich die verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Hürden so einfach überwinden?

In Deutschland werden Debatten immer sofort im Keim erstickt mit dem Totschlag-Argument, etwas wäre nicht möglich. Politik läuft anders: Wenn wir von einer Idee überzeugt sind, kämpfen wir für Mehrheiten und suchen nach Möglichkeiten der Umsetzung. Diese Debatte ist mehr als eine Eintagsfliege im Sommerloch. Die Frage nach einem verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft beschäftigt viele Bürger, das spüre auch ich in vielen Veranstaltungen. Also lasst es uns breit und jenseits von reinen  Überschriften diskutieren.

Wäre die Dienstpflicht auch eine Chance, noch mehr gegen den Pflegenotstand zu tun?

Eine Dienstpflicht löst nicht alle Probleme. Und sie entbindet uns auch nicht von der Aufgabe, grundsätzliche Probleme in der Pflege oder etwa in der Bundeswehr anzugehen. Aber ein solcher Dienst bietet die Chance, dass junge Menschen Seiten an und in sich kennenlernen, die sie auf ihrem direkten Weg in Ausbildung, Studium und Beruf nie entdeckt hätten. Viele soziale Berufe, wie die Pflege auch, sind immer auch Berufung.

War es ein Fehler, 2011 die Wehrpflicht auszusetzen?

Das wäre mir zu einfach. Damals gab es gute Gründe dafür, die Wehrpflicht auszusetzen. Heute gibt es aber gute Gründe dafür, einen verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft einzuführen. Es geht übrigens ausdrücklich nicht darum, einfach das alte System von Wehrdienst und Ersatzdienst wieder einzuführen. Der Dienst bei der Feuerwehr, den Rettungsdiensten, in der Jugendarbeit oder eben in der Pflege wäre gleichen Ranges. Der Dienst in der Bundeswehr wäre nur eine Option von vielen.

Dienst im Altenheim oder an der Waffe - würde dies jungen Menschen nicht die Möglichkeit bieten, dem Land etwas zurückzugeben und etwas für die Gesellschaft zu tun?

Sicher. Vor allem wäre das die Chance für einen Bewusstseinswandel. Wir leben in Zeiten der Selbstoptimierung. Und dabei verlieren wir zu oft den Blick für den anderen, für das Ganze, für die Allgemeinheit. Wir brauchen aber den Einsatz und das Verständnis füreinander. Sonst funktioniert Zusammenleben nicht.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer will mit einer Dienstpflicht auch den Gemeinsinn wieder stärken. Fördert das den Zusammenhalt in der Gesellschaft?

Ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr könnte ein gutes und weithin akzeptiertes Zeichen für unseren Willen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt sein. Stützende Zugehörigkeit, die Verantwortungsbeziehung in der Familie, im Lebensumfeld, aber auch als Gemeinwesen erfährt heute wieder mehr Wertschätzung als früher. Das ist gut und wertvoll.

Das Interview führte Andreas Herholz

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