Lauterbach: „Die Pandemie ist leider noch nicht vorbei“

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach spricht im Bundestag zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

18. März 2022

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Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Pandemie ist leider noch nicht vorbei, wir brauchen weitere Schutzmaßnahmen. Und um solche zu beschließen, sind wir heute zusammengekommen.

Wir haben viel geschafft, aber wir sind noch nicht an dem Punkt angelangt, dass schon der Freedom Day kommen könnte. Wir sind heute nicht zusammengekommen, um über den Freedom Day zu sprechen.

Der Freedom Day würde nicht nur das Ende der Schutzmaßnahmen bedeuten, er wäre das Ende der Pandemie. Unseren Freedom Day besprechen wir somit nicht heute; den Freedom Day haben wir gestern besprochen. Unseren Freedom Day können wir erreichen, wenn wir diese Pandemie beenden. Dazu müssen wir die allgemeine Impfpflicht beschließen. Diese ist der einzige sichere Weg aus der Pandemie heraus.

Wir können die Pandemie nicht einfach beenden, indem wir die Schutzmaßnahmen einstellen. Wir brauchen die Schutzmaßnahmen, solange wir eine so hohe Zahl von Ungeimpften haben. Daran muss immer wieder erinnert werden. Wir wären schon viel weiter, als wir sind, wenn mehr Menschen geimpft wären.

Wenn wir uns heute die Fallzahlen anschauen, müssen wir feststellen: Es gibt fast 300 000 Fälle. Wenn wir uns heute die Todeszahlen anschauen, müssen wir feststellen: Über 200 Menschen sind gestorben. Das kann uns nicht zufriedenstellen. Das ist extrem unbefriedigend.

Hier kommt die deutsche Sonderrolle zum Tragen: Die über 60-Jährigen sind zu einem hohen Maß ungeimpft, viel mehr als in unseren Nachbarländern. Wir haben darüber hinaus eine relativ alte Bevölkerung. Daher brauchen wir Schutzmaßnahmen, Schutzmaßnahmen, die in anderen Ländern in diesem Umfang nicht mehr notwendig sind.

(Beatrix von Storch (AfD): Sie brauchen einen Arzt! - Martin Reichardt (AfD): Sie sind ein publicitygeiler Mensch! Das ist alles!)

- Ich finde es traurig - ich muss das einmal sagen -, dass wir, wenn wir über ein so wichtiges Thema sprechen, uns all die Zeit diese niederträchtigen Unterstellungen und Einwürfe anhören müssen.

Das ist einfach schlicht eine Störung. Ich komme damit gut zurecht, aber es spricht Hohn der Bedeutung der Fragen, über die wir hier debattieren, und deren Ernsthaftigkeit. Wir können hier unterschiedlicher Meinung sein, wir werden auch streiten, wir werden in der Sache streiten, aber von Ihnen wird die Ernsthaftigkeit dieser Debatte in Abrede gestellt. Das können wir nicht hinnehmen.

Das ist eine unglaubliche Verhöhnung der Opfer.

Und ich möchte noch etwas sagen. Wir sprechen heute über einen schweren Kompromiss.

Dabei geht es aber nicht um den Kompromiss zwischen Team Freiheit und Team Vorsicht, sondern um die Abwägung, was wir den Menschen, was wir unseren Kindern noch zumuten können, die sich all die Zeit an die Regeln halten. Es geht darum, was wir den Menschen noch zumuten können, die die Regeln beachten, und was wir bereit sind, denjenigen zuzumuten, die nicht bereit sind, irgendetwas zu opfern, die sich nicht impfen lassen wollen, die die Debatte nicht ernst nehmen, die außer Stören keinen einzigen konstruktiven Beitrag im Verlaufe der gesamten Pandemie haben leisten können.

Ich als Epidemiologe hätte mir gewünscht, wir hätten mehr für diejenigen tun können, die ein Risiko haben. Aber wir müssen die rechtliche Lage beachten. Die rechtliche Lage ist die: Wir können nicht weiter das gesamte Land unter Schutz stellen, um eine kleine Gruppe von Impfunwilligen und von Menschen, die nicht bereit sind, die Maßnahmen mitzutragen, zu schützen.

Die Balance wird geändert.

Die Regelung, die wir heute vorstellen, ist eine Regelung, die folgender Tatsache Rechnung trägt: Wir sind durch die Omikronvariante nicht mehr in der Situation, befürchten zu müssen, dass das gesamte Land durch eine flächendeckende Überlastung der Kliniken gefährdet ist.

Trotzdem wird es so sein, dass es an vielen Stellen tatsächlich zu genau dieser Überlastung kommen wird. Daher haben wir die Regel so angepasst, dass überall dort, wo wir eine Überlastung der Krankenhäuser und der Gesundheitsversorgung erwarten müssen, die Hotspot-Regelung zieht und wir dann auch weitergehende Maßnahmen ergreifen können. Wo das nicht der Fall ist, wird es nicht gemacht. Darauf haben wir uns geeinigt.

Hätten wir dies nicht gemacht, hätten wir keine Regeln mehr gehabt. Denn dann hätte es entweder die Möglichkeit gegeben, dass wir überall Regeln und Maßnahmen vorsehen, auch dort, wo es keine Überlastung gibt - das wäre rechtlich nicht gegangen -, oder wir hätten ganz auf die Regeln verzichtet - Stichwort Freedom Day -, und dann hätten wir gar nichts gehabt.

Somit haben wir uns auf Regeln für die Teile Deutschlands geeinigt, wo tatsächlich eine Überlastung zu befürchten ist.

Das ist der richtige Kompromiss. Das ist nicht „Freiheit gegen Vorsicht“, sondern das trägt einfach der Tatsache Rechnung, dass wir so zielgerichtet reagieren können.

Da bitte ich um Ihr Vertrauen. Wir werden das durchsetzen. Die Landtage werden das umsetzen können. Wenn ein ganzes Land betroffen ist - da sind Herr Buschmann und ich einer Meinung; das wurde immer falsch dargestellt -, kann auch das ganze Land als Hotspot gelten.

Das ist zum Beispiel etwas, was jetzt in Mecklenburg-Vorpommern getestet wird.

Somit: Wir brauchen hier Vertrauen. Wir brauchen funktionierende Regeln. Ich bitte Sie, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Das Gesetz wird uns in den nächsten Monaten helfen. Wenn sich die Lage verändert, wenn wir andere Varianten bekommen, wenn die Gesundheitsversorgung stärker gefährdet ist, wenn wir beispielsweise eine gefährlichere Variante als die jetzige Omikronvariante bekommen, dann wirkt zunächst einmal dieses Gesetz. Aber wir sind auch jederzeit bereit, das Infektionsschutzgesetz erneut anzupassen, um einer neuen Lage Rechnung zu tragen.

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