Spahn: „Dieses Gesetz macht die Versorgung schneller, besser und digitaler“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Bundestag zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Redepult im Plenarsaal des Deutschen Bundestages

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade gesagt worden: Heute, auf den Tag genau, besteht die Große Koalition, besteht dieses Kabinett seit einem Jahr in dieser Zusammensetzung. In diesem Jahr haben wir an vielen, vielen Stellen, gerade auch in der Gesundheits- und Pflegepolitik, konkret im Alltag für viele Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die 5,5 Millionen Beschäftigten im Gesundheitswesen viel erreicht: Wir haben für 1 Million Pflegekräfte in Deutschland die Arbeitsbedingungen verbessert; wir finanzieren zusätzliche Stellen; wir haben 50 Millionen Beitragszahler in Deutschland konkret zum 1. Januar 2019 von Beiträgen entlastet. Und wir machen mit diesem Gesetz weiter und helfen denjenigen konkret, die auf der Suche nach einem Termin sind und die zu oft zu lange warten müssen.

Das ist die Politik der Großen Koalition: konkret im Alltag die Dinge besser machen. Dieses Gesetz wird die Versorgung schneller, besser und digitaler machen.

Schnellere Versorgung. Der Umstand, dass der privat versicherte Nachbar nächste Woche einen Termin beim Facharzt hat, der gesetzlich Versicherte aber erst in zwei, drei oder vier Monaten, ist ein sehr konkretes Aufregerthema für viele Bürgerinnen und Bürger, und das ist nachvollziehbar. Sie von den Grünen tun ja so, als sei das ein Thema, das keinen beschäftigt. Doch, das beschäftigt viele Bürgerinnen und Bürger. Und genau da setzen wir an: mit den Terminservicestellen, die unter der Rufnummer 116 117 zusammen mit dem ärztlichen Notdienst in Zukunft 24 Stunden am Tag erreichbar sind - es wird auch digitale Angebote geben -, und mit finanziellen Anreizen. Heute sagen Haus- und Fachärzte: Es gibt Budgets; daher bekomme ich für einen neuen Patienten oder für Patienten, die ich aufgrund vorhandener Kapazitäten schneller drannehmen könnte, kein zusätzliches Geld. - Es ist doch zielgerichtet und richtig, zu sagen: Wer mehr behandelt, soll auch entsprechend besser vergütet werden.

Wir verhelfen den Patienten zu schnelleren Terminen, indem wir da konkret ansetzen. Genau das macht den Alltag für viele Bürgerinnen und Bürger besser.

Bessere Versorgung. Wir haben in Zukunft eine bessere Situation bei den Hilfsmitteln; das ist schon genannt worden. Die Ausschreibung bei Rollstühlen, bei Inkontinenzprodukten und in vielen anderen Bereichen fällt weg. Durch das Gesetz bekommen wir eine bessere Versorgung mit Impfstoffen. Wir bekommen bessere Rahmenbedingungen für die Heilmittelerbringer. Jedem Heilmittelerbringer in Deutschland wird ab dem 1. Juli 2019 mehr Geld gezahlt werden. 600 Millionen Euro! Sie müssen schon sagen, ob Sie diesen Schritt mitgehen wollen, oder nicht. Wir wollen ihn gehen, um zu einer besseren Versorgung zu kommen.

Die Kryokonservierung für junge Erwachsene mit zum Beispiel Krebserkrankungen ist von der Kollegin Maag schon genannt worden. PrEP wird finanziert, um die HIV-Infektionszahlen in Deutschland zu reduzieren.

Es gibt Verbesserungen bei den Betreuungsdiensten. Das ist ein Riesenthema für Familien mit einem zu pflegenden Angehörigen zu Hause, die Unterstützung suchen. Diese Familien, die heute oft keinen Pflegedienst finden, können in Zukunft, wenn es um die Nachmittagsbetreuung oder die Haushaltshilfe geht, Betreuungsdienste in Anspruch nehmen. Das regeln wir. Der Festzuschuss beim Zahnersatz - viele Versicherte haben hier heute hohe Eigenanteile zu tragen - wird von 50 Prozent auf 60 Prozent erhöht.

Das alles sind ganz konkrete Maßnahmen, die die Versorgung besser machen. Alle, die heute gegen diesen Gesetzentwurf stimmen, müssen schon sagen, wie sie sich dazu verhalten: Wollen Sie diese Verbesserungen in der Versorgung für die Bürger, oder wollen Sie sie nicht?

Wir als Große Koalition wollen sie, und deswegen werden wir zustimmen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Minister Spahn, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der FDP?

Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit:

Natürlich.

Dr. Christoph Hoffmann (FDP):

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. - Ich komme aus einem Wahlkreis an der Schweizer Grenze. Wir haben einen eklatanten Ärztemangel. Das Problem besteht nicht darin, einen Termin zu bekommen. Es gibt einfach keine Ärzte; die Menschen finden keine Ärzte. Viele der deutschen Ärzte geben auf - wegen Bürokratie, wegen Gängelung, wegen Budgetierung - und gehen in die Schweiz. Was bewirkt Ihr Gesetz in dieser Hinsicht? Gewinnen wir einen Arzt mehr, indem wir mehr Bürokratie für die Ärzte schaffen?

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

Sie haben sich die Antwort im Grunde selbst gegeben: Ja, wir haben heute in bestimmten Bereichen Budgets. Das macht es in bestimmten Bereichen heute unattraktiv, zusätzlich Patienten anzunehmen. Wir haben nicht wenige Fachärzte, im Übrigen auch Hausärzte, die nachvollziehbarerweise sagen, dass es aus ihrer Sicht wenig Sinn macht, zusätzlich Patienten anzunehmen, weil sie deren Behandlung nicht zusätzlich vergütet bekommen.

Wir sorgen sehr zielgerichtet für ein Ende der Budgetierung in diesem Bereich bei Fachärzten und Hausärzten. Das ist das, was Sie immer gefordert haben. Deswegen würde ich mir etwas mehr Unterstützung von der FDP an dieser Stelle wünschen. Das ist eine sehr konkrete Maßnahme, die wir hier vornehmen.

Also, wir machen die Versorgung schneller, wir machen sie besser, und wir machen sie digitaler. Neben der Frage, wie wir schneller an einen Termin kommen, ist das größte Aufregerthema im deutschen Gesundheitswesen, warum es bei der elektronischen Gesundheitskarte seit 15 Jahren nicht vorangeht. Seit 15 Jahren geht dieses einst größte IT-Projekt in Europa nicht wirklich voran. Wir regeln das jetzt und sorgen für Geschwindigkeit. Die elektronische Patientenakte wird für jeden Versicherten, der das will, ab 2021 auf dem Smartphone verfügbar sein. Parallel führen wir über ein anderes Gesetz endlich das elektronische Rezept ein. Weg vom Papier! Und ja, dafür entmachten wir ein Stück weit die Selbstverwaltung. Als Bundesministerium, als Politik werden wir die Mehrheit an der Gesellschaft übernehmen, die das Projekt bisher betrieben hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da die Selbstverwaltung seit 15 Jahren nicht in der Lage ist, das Ding mit der nötigen Geschwindigkeit voranzubringen, und sich die Frage stellt, ob irgendwann digitale Angebote aus den USA oder aus China in Deutschland verfügbar sein werden oder ob wir sie hier bei uns selbst entwickeln können, gehen wir in den Konflikt mit der Selbstverwaltung, indem wir sagen: Das muss an dieser Stelle konkret besser werden; wir brauchen Geschwindigkeit. Deswegen ist diese Regelung an dieser Stelle notwendig.

Abschließend ein Wort zu den Änderungsanträgen und den Vorschlägen, die gemacht wurden. Ich weiß nicht, Frau Klein-Schmeink, was für eine Vorstellung Sie von einem guten Gesetzgebungsverfahren haben. Als jemand, der viele Jahre die Gesundheitspolitik im Gesundheitsausschuss mitgestaltet hat, habe ich eine klare Vorstellung davon. Das Beratungsverfahren ging über fünf, sechs Monate, es haben zwei Anhörungen zu diesem Gesetzentwurf stattgefunden, und es wurden viele Stellungnahmen eingereicht. Ich finde es daher vernünftig, zu sagen: Gute Argumente und gute Vorschläge greifen wir auf. Ich bin nicht so ehrpusselig, zu sagen: Der Gesetzentwurf, den wir als Bundesregierung eingebracht haben, muss eins zu eins so beschlossen werden. - Wir haben doch ein parlamentarisches Verfahren, damit die Gesetzentwürfe durch konstruktive Vorschläge besser werden.

In diesem Verfahren ergeben sich natürlich Änderungsanträge. Diese Änderungsanträge - Stichwort Heilmittel - sind Ihnen im Übrigen seit Wochen und Monaten bzw. seit November bekannt. So machen wir Politik. Wir unterbreiten Vorschläge, gehen damit in die Debatte. Wenn es gute Argumente gibt, gehen wir auf diese Argumente ein. Und das zeigt sich in den Änderungsanträgen.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Minister Spahn, Mitglieder der Bundesregierung haben keine Redezeitbegrenzung. Aber Sie reden jetzt zulasten des nachfolgenden Redners der Fraktion, der Sie angehören.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

Ich wollte gerade zum Finale ansetzen, Herr Präsident, wenn ich darf.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Tun Sie es.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

Danke schön.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Ich muss nur der CDU/CSU sagen: Wir müssen beim nächsten Redner ein bisschen Zeit einsparen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

Danke schön. - Dieser Gesetzentwurf ist in seinem gesamten Umfang mit allen Änderungsanträgen ein ganzes Stück Arbeit. Er ist sehr umfangreich. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen im Ministerium und auch in den Fraktionen, die das Ganze begleitet haben, und den Kolleginnen und Kollegen in der Koalition.

Das ist das größte, das umfangreichste Gesetz zur Gesundheit in dieser Legislaturperiode. Es macht konkret den Alltag für Millionen Menschen besser. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Jetzt erteile ich der Kollegin Maria Klein-Schmeink, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort zu einer Kurzintervention. Sie hat versprochen, es kurz zu machen.

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

(...)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Minister.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn:

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erster Teil. Es gab exakt zwei Themen, die im Rahmen der Beratung mit den Koalitionsfraktionen besprochen wurden und bei denen wir uns dafür entschieden haben, weil mehr Beratungsbedarf bestand, sie in späteren Gesetzen zu regeln. Wenn wir bei zwei Themen sagen, dass wir länger beraten müssen, halte ich das für einen ziemlich normalen Vorgang. Ehrlich gesagt, kann ich Ihre Empörung an dieser Stelle nicht verstehen.

Zweiter Teil. Ja, es gab umfangreiche Änderungen. Die Änderungen zum Heilmittelbereich - Sie haben hier die Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten angesprochen, die zu Recht seit Monaten auf der Straße in Protestaktionen auf ihre schwierige Situation hinweisen - sehen 600 Millionen Euro Mehrausgaben vor. Ja, diese Änderungen sind mit hineingekommen. Diese Änderungen liegen Ihnen übrigens seit November 2018 vor. Es stand also ausreichend Zeit zur Verfügung, darüber zu beraten. Auch dort gab es noch weitere Verbesserungsvorschläge.

Aber wenn wir ein Problem erkennen - es besteht ein Problem in der Heilmittelversorgung: Patienten müssen warten, und diejenigen, die die Leistungen erbringen, haben schlechte Arbeitsbedingungen -, müssen wir handeln. Wir sind dazu gewählt worden, Probleme zu lösen. Genau das machen wir mit diesem Gesetz.

Das Gleiche gilt für die Gematik. Wir müssen etwas tun, wenn wir erkennen, dass die Strukturen der Selbstverwaltung nicht die notwendige Geschwindigkeit erzeugen und bis zum Jahresende keine Entscheidungen getroffen werden, die wir brauchen, damit die elektronische Patientenakte 2021 endlich fliegt. Sie muss aber kommen, damit Patienten, Ärzte und Apotheker spüren: Die Versorgung wird besser, weil wir bessere Informationen und Kommunikation haben.

Wir haben im Januar dieses Jahres vorgeschlagen - das ist auch schon eine ganze Zeit her -, in der Gematik zu entsprechenden Veränderungen zu kommen. Ja, das sind umfangreiche Änderungen. Aber ich bleibe dabei: Wenn ich ein Problem erkenne - das ist jedenfalls mein Politikansatz -, dann versuche ich, ein Problem nicht nur zu besprechen, sondern auch zu lösen. Und das machen wir mit diesem Gesetz.

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