Interview zum ZDG-Modellvorhaben „Modell für die Umsetzung der Telemedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen in ländlichen Versorgungsräumen – MUT“

Prof. Dr. Thomas Zahn (bbw Hochschule) berichtet über das „Modell für die Umsetzung der Telemedizinischen Versorgung von Pflegebedürftigen in ländlichen Versorgungsräumen – MUT“.

Was war das Ziel Ihres Modellvorhabens, wie sind Sie dabei grob vorgegangen?

Das Ziel des MUT21-Vorhabens ist die Entwicklung und Erprobung eines bundesweit anwendbaren Handlungsleitfadens zur optimierten Umsetzung von Telemedizin für die Pflege in ländlichen Versorgungsräumen. Dazu wenden wir einen zuvor im Rahmen einer Pilotierung entwickelten Handlungsleitfaden („Telemedizin für die Pflege“) im Versorgungsalltag von Pflegeeinrichtungen (z.B. Pflegeheime, betreutes Wohnen und Wohngemeinschaften) und ambulanten Versorgerinnen und Versorgern (z.B. Haus/Facharztpraxen, Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), Arztnetzen) in verschiedener Regionen praktisch an und bauen ihn aus. Im Ergebnis wollen wir valide Erkenntnisse zur nachhaltigen Akzeptanz und Nutzung digitaler Telemedizin-Anwendungen und zum Aufbau nachhaltig funktionierender regionaler Netzwerke gewinnen.

Testregionen sind die ländlichen Versorgungsräume Elbe-Elster mit dem MEDIS Arztnetz als Regionalkoordinator und Niederlausitz mit der AWO Brandenburg Süd als Regionalkoordinatorin.

Das Vorhaben gliedert sich in eine dreimonatige Initialisierungsphase zur Gewinnung und Bedarfserhebung geeigneter Akteurinnen und Akteure in den beiden Testregionen. Es folgen eine dreimonatige Vorbereitungsphase zur technischen, rechtlichen und organisatorischen Umsetzungsvorbereitung und Befähigung der Teilnehmenden sowie eine sechsmonatige Umsetzungsphase zur Gewinnung von praktischen Erfahrungen und Evaluationsgrundlagen. Unser Ziel ist allerdings einer Verstetigung der Anwendung nach dem Förderende.

Das MUT21-Projekt wird von der bbw Hochschule gemeinsam mit dem Koordinationsteam organisiert. Letzteres besteht aus dem Zentrum für Versorgungsforschung der MHB Brandenburg und dem DSI – Data Science Institute. Es koordiniert das Projekt und bereitet es für eine Verwertung in anderen ländlichen Versorgungsräumen vor.

Welche Vorteile bietet der Versorgungsansatz Ihres Modellvorhabens für die Beteiligten?

Der Einsatz von Telemedizin für die ambulante Versorgung von Pflegebedürftigen soll sowohl das Pflegepersonal und das medizinische Personal in den Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen entlasten als auch die Versorgung von Pflegebedürftigen optimieren.

In den Arztpraxen und MVZ lassen sich mit dem MUT-Konzept vor allem Fahrtzeiten vermeiden, aber auch die Aufwände für die strukturierte Kommunikation mit den Pflegeeinrichtungen und mitversorgenden Fachärztinnen und Fachärzten reduzieren. Dies betrifft sowohl die medizinischen Fachangestellten (MFA), als auch die Ärztinnen und Ärzte. Damit sollen die besonders im ländlichen Raum sehr begrenzten Ressourcen an medizinischem Fachpersonal besser genutzt werden, um möglichst viele Patientinnen und Patienten versorgen zu können.

Aus Sicht der Pflegeeinrichtungen lassen sich mit dem MUT-Konzept Kommunikationsaufwände z.B. für die Terminvereinbarung und den Informationsaustausch mit den behandelnden Praxen reduzieren, Zeitaufwände für die Begleitung zu Arztbesuchen vermeiden und die Kommunikation im Rahmen von ärztlich verordneten Therapieanpassungen vereinfachen. Die generell knappen Ressourcen an Pflegepersonal von administrativen Aufwänden werden so entlastet und neue Motivation aus den telemedizinischen Qualifikationsmöglichkeiten geschöpft. Wir betrachten in unserem Projekt verschiedenartige Pflegeeinrichtungen wie z.B. Pflegeheime, Pflege-Wohngemeinschaften, Einrichtungen des betreuten Wohnens und der Eingliederungshilfe hinsichtlich ihrer Spezifika beim Einsatz von Telemedizin für die ambulante Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner.

Pflegebedürftige Patientinnen und Patienten haben Dank des MUT-Konzeptes kürzere Wartezeiten bei akutem ärztlichem Beratungsbedarf oder häufigeren regelmäßigen Arztkontakten. Krankenhauseinweisungen wegen Nicht-Erreichbarkeit der Arztpraxen können so vermieden werden. Den Patientinnen und Patienten bleiben so Krankentransporte erspart und die Gesundheitssituation eskaliert seltener.

Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich aus Ihrem Modellvorhaben, wie können sie zur Verbesserung der Versorgung beitragen?

Wir möchten mit dem MUT21-Modellvorhaben Erkenntnisse zu Hindernissen bei der Umsetzung der Telemedizin im Versorgungsalltag gewinnen. Gleichzeitig wollen wir praktikable Handlungsoptionen identifizieren und herausfinden, wie diese überwunden werden können. Dabei erforschen wir zum einen die technischen Hindernisse z.B. bezüglich der Breitband-/WLAN-Zugänge, der Endgeräte und der Software. Wir testen aber auch die Nutzerfreundlichkeit, den Umsetzungsaufwand und die Finanzierbarkeit der telemedizinischen Lösungen.

Mit dem MUT21-Projekt erforschen wir zugleich die strukturellen Hindernisse in den Versorgungsregionen z.B. bezüglich Verantwortlichkeiten, Kompetenzen, Befähigungs- und Austausch-Angeboten sowie die unterschiedlichen Lösungsoptionen im Fall von ärztlichen oder pflegerischen Regionalkoordinatorinnen und Regionalkoordinatoren. Schließlich werden auch die rechtlichen und organisatorischen Hindernisse z.B. im Hinblick auf Datenschutz und Haftung sowie Ermächtigung und Organisationsstrukturen analysiert.

Die aus der Prozess- und Ergebnisevaluation gewonnen Erkenntnisse zur Überwindung von Hindernissen im Versorgungsalltag dokumentieren wir im Handlungsleitfaden „Telemedizin für die Pflege“, sodass diese gegebenenfalls. auch in anderen Versorgungsregionen genutzt werden können. Wir wollen mit MUT21 die breite Umsetzung der Telemedizin für die Pflege durch die verschiedenen regionalen Akteurinnen und Akteure und die Realisierung der Vorteile für Pflegende, Versorgende und Pflegebedürftige bundesweit unterstützen.

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