Warken: „Überkreuzspende stärkt die bewusste Entscheidung für die Organspende“
Bundeskabinett beschließt Reform zur Lebendorganspende
Lebendnierenspenden sollen in Zukunft auch zwischen zwei unterschiedlichen Paaren überkreuz ermöglicht werden. Der entsprechende „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen“ wurde heute vom Bundeskabinett beschlossen.
Mit dem Gesetzentwurf soll der Kreis der Organspenderinnen und -spender sowie der Organempfängerinnen und -empfänger erweitert und ein nationales Programm für die Überkreuzlebendnierenspende in Deutschland etabliert werden. Zudem wird die sog. ‘nicht gerichtete anonyme Nierenspende‘ – also die anonyme Spende an eine nicht bekannte Person – in Deutschland ermöglicht und der Schutz der Lebendspenderinnen und -spender von Organen und Gewebe gestärkt.
Die Überkreuzlebendspende von Nieren stärkt die bewusste Entscheidung für die Organspende. Personen, die bisher aufgrund der fehlenden Übereinstimmung von Blutgruppen oder Gewebemerkmalen ihren engsten Angehörigen in einer Notsituation nicht durch eine Spenderniere helfen konnten, ermöglichen wir nun die Überkreuzspende. Damit stellen wir statt der familiären Bindung den Willen zur Organspende in den Fokus.
Zudem wird die anonyme Nierenspende an eine nicht bekannte Person ermöglicht. Das gibt vielen Menschen Hoffnung, die auf eine Spenderniere angewiesen sind.
Die wesentlichen Änderungen
Überkreuzlebendnierenspenden werden ermöglicht
- Spende und Empfang einer Niere wird „überkreuz“ durch einen anderen Organspendepartner bei immunologisch inkompatiblen Organspendepaaren möglich sein.
- Die Organspendepaare, zwischen denen eine Spende „überkreuz“ stattfindet, müssen sich nicht kennen – das Erfordernis eines Näheverhältnisses der jeweils inkompatiblen Partner eines Organspendepaares bleibt aber weiterhin Pflicht.
- Die sog. ‘nicht gerichtete anonyme Nierenspende‘ – also die anonyme Spende an eine nicht bekannte Person – wird ermöglicht. Die spendende Person hat dabei keinen Einfluss auf den Empfänger.
- Es wird ein Programm für die Vermittlung und Durchführung von Überkreuzlebendnierenspenden in Deutschland aufgebaut. Dabei wird auch die nicht gerichtete anonyme Nierenspende einbezogen.
- Dazu werden die Aufgaben der Transplantationszentren im Rahmen einer Überkreuzlebendnierenspende und einer nicht gerichteten anonymen Nierenspende festgelegt. Sie entscheiden über die Annahme inkompatibler Organspendepaare sowie anonymer nicht gerichteter Spenderorgane und übermitteln die für die Vermittlung erforderlichen Daten an eine zentrale Stelle. Nach der Vermittlungsentscheidung organisieren die betroffenen Transplantationszentren gemeinschaftlich die Entnahme und Übertragung.
- Die Vermittlung der Nieren im Rahmen der Überkreuzlebendnierenspende und der nicht gerichteten anonymen Nierenspende erfolgt ausschließlich nach medizinischen Kriterien und unter Wahrung der Anonymität.
Der Spenderschutz wird weiter gestärkt
- Die Regelungen zur Aufklärung der Spenderinnen und Spender und Konkretisierung der Spendereignung werden erweitert, insbesondere mit Blick auf die besonderen psychosozialen Risiken und möglichen (Spät-)Folgen.
- Die verpflichtende unabhängige psychosoziale Beratung und Evaluation der Spenderinnen und Spender vor einer Spende wird eingeführt. Ebenso wird die individuelle Betreuung der Betroffenen im Transplantationszentrum über den gesamten Spendeprozess vor, während und nach der Spende verpflichtend vorgesehen.
- Es werden bundesrechtliche Vorgaben für die Tätigkeit und zentrale Verfahrenselemente der Lebendspendekommissionen festgelegt.
Berücksichtigung der früheren Lebendnierenspende bei eigener Erkrankung
- Eine Lebendnierenspende einer Person, die im späteren Lebensverlauf durch eine Erkrankung selbst eine Nierentransplantation benötigt, soll bei der Vermittlung von postmortal gespendeten Nieren angemessen berücksichtigt werden. Näheres soll in den Richtlinien der Bundeärztekammer festgelegt werden.
Postmortale Gewebespende und Spende in besonderen Fällen
- Gewebeeinrichtungen, die Gewebe postmortal entnehmen oder entnehmen lassen, sollen an das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende (OGR) beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angebunden werden können. So können sie – wie die Entnahmekrankenhäuser – unmittelbar selbst über das Abrufportal des Registers klären, ob in einem potentiellen Spendenfall bei einer Person die Bereitschaft zur Gewebespende vorliegt.
- Die Spende von Organen oder Gewebe in besonderen Fällen nach
§ 8b TPG wird erweitert. Es wird ermöglicht, Organe oder Gewebe, die im Rahmen einer medizinischen Behandlung bei nicht einwilligungsfähigen Personen entnommen worden sind (sogenannte Operationsreste), zu spenden. Darunter fallen zum Beispiel Herzklappen von Herzen, die im Rahmen einer Herztransplantation entnommen wurden und noch funktionell sind, die bisher verworfen werden mussten. - Durch die Ermöglichung der Einwilligung von Betreuungsberechtigten in die Gewinnung von männlichen Keimzellen (Spermien) von nicht einwilligungsfähigen Personen aufgrund einer geplanten keimzellschädigenden Therapie wird eine bestehende Gesetzeslücke geschlossen. Damit ermöglichen wir auch männlichen Kindern und Jugendlichen die Kryokonservierung von Spermien bei einer anstehenden Krebsbehandlung, wie einer Chemotherapie oder Bestrahlung.
Weitere Informationen
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Fragen und Antworten
Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Reform der Lebendorganspende