Lauterbach: "Die Immunität ist da, aber die Pandemie ist nicht für alle vorbei."

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach spricht im Bundestag zum Abschlussbericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche durch Corona

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Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal beginnen wir mit der guten Nachricht:

Gott sei Dank ist für Deutschland die Pandemie vorbei. Wir haben eine gute Immunität in der Bevölkerung durch Impfungen, durch durchgemachte Infektionen. Aber es ist auch wichtig, zuzugeben: Die Immunität ist da, aber die Pandemie ist nicht für alle vorbei.

Leider ist sie auch für viele Kinder nicht vorbei. Daher ist diese Debatte, die wir heute haben, sehr wichtig. Denn man muss ganz klar sagen: Von allen, die Opfer erbracht haben in der Pandemie, haben die Kinder die meisten Opfer erbracht. Die Kinder haben Ältere und andere geschützt,

und sie haben unter den Maßnahmen gelitten. Die Maßnahmen waren zum Teil zu streng. Die Schulschließungen hätte man in dieser Länge nicht machen müssen. Viele Kinder leiden auch heute noch: Sie leiden unter psychischen Störungen. Ihre Gesundheit ist schlechter geworden. - Wir schulden daher den Kindern eine ernsthafte Debatte - die werden wir heute führen -; wir schulden ihnen aber auch konkrete Maßnahmen.

Ich werde diesen Kindern ein paar dieser Maßnahmen vortragen. Ich möchte auch ganz klar sagen: Das sind Maßnahmen, die wir jetzt machen. Das reicht aber nicht aus. Trotzdem: Wir müssen jetzt zusammenhalten.

Ich möchte auch ausdrücklich sagen: Ich danke an dieser Stelle - das ist mir überhaupt das Wichtigste, was ich in dieser Debatte sagen kann - nicht nur den Kindern, sondern auch den Eltern, die uns geholfen haben, in einem solidarischen Akt diese Pandemie für das Land zu bewältigen. Danke an dieser Stelle!

Ohne sie wäre es nicht gegangen. Es ist ihr Geist gewesen, der es möglich gemacht hat.

Lassen Sie mich zu den konkreten Punkten kommen. Ich sage vorweg: Das reicht nicht. Wir müssen weitergehen. - Wir haben die Kinderkliniken, die in einer Notlage waren, sofort aus dem System der Fallpauschalen so weit entfernt, dass man selbst bei 80 Prozent der Leistungen 100 Prozent des Budgets bekommt.

Am 1. Januar dieses Jahres ist das in Kraft getreten. Die Not der Kinderkliniken haben wir beseitigt.

Zum Zweiten. Wir haben Lieferengpässe bei Kinderarzneien. Es kann nicht sein, dass in einem reichen Land wie Deutschland Kinder die Medikamente, die sie brauchen, nicht bekommen -

in Holland werden sie angeboten -, weil hier die Preise zu niedrig sind. Daher haben wir das Festbetragssystem für die Kinderarzneimittel zurückgenommen, und die Rabattverträge werden abgeschafft, sodass wir die Kinderarzneimittel verfügbar haben werden.

Zum Dritten. Viel zu wenige Ärztinnen und Ärzte entscheiden sich für den Beruf der Kinderärztin oder des Kinderarztes. Wir haben diesen Bereich komplett entbudgetiert. Das heißt, jemand, der jetzt in diesen Bereich geht, der muss sich nicht mehr um Budgets kümmern, der kann die Leistung erbringen und kann sich darauf verlassen, dass die Leistung komplett bezahlt wird. Das macht diesen Beruf im Vergleich zu anderen Facharztberufen attraktiver.

Das haben wir gemacht, aber das ist noch immer nicht alles.

Wir werden darüber hinaus die Versorgung mit Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten deutlich verbessern. Wir werden hier mit Sonderbedarfen arbeiten. Es kann nicht erlaubt sein, es kann nicht angehen, dass Kinder - Ministerin Paus hat es eloquent vorgetragen; die Kinder sind in psychischer Not - ein Jahr lang auf einen Therapieplatz warten, weil wir nicht genug Therapeutinnen und Therapeuten haben. Daher werden wir hier mit Sonderbedarfen den Bedarf decken. Daran wird intensiv gearbeitet.

Somit ergreifen wir vier konkrete Maßnahmen. Die Kinder benötigen unsere unmittelbare Hilfe. Dabei darf es aber nicht bleiben. Ich will darauf hinweisen, was wir zusätzlich brauchen. Ich sage ganz klar - ich spreche hier wirklich für die Ampelregierung, nicht nur für mein Ressort -: Die Ampelregierung steht eindeutig hinter der Kindergrundsicherung.

Die Kindergrundsicherung ist notwendig.

Natürlich ist es schön und gut, zu sagen: Geld ist nicht alles. - Soll ich Ihnen was sagen, Frau Wulf? Das stimmt. Sie haben damit recht. Geld ist nicht alles. Aber wenn Sie in der Kindheit Armut erleben, dann sind Ihre Chancen auf Gesundheit, auf eine gute Ausbildung, also einen guten Schulabschluss, viel schlechter.

Kein Kind kann etwas für die Armut seiner Eltern. Kein Kind kann sich das aussuchen. Daher brauchen wir hier unbedingt eine Gerechtigkeitsinitiative, und dahinter stehen wir alle.

Ich danke Ihnen dafür, dass wir diese Debatte haben. Hier soll nichts verschwiegen werden. Es soll über alles gesprochen werden. Aber es ist ganz klar: Wir schulden den Kindern viel, und ich würde mich sehr freuen, wenn die demokratischen Parteien hier im Haus eine konzertierte Aktion für diese Kinder begleiten könnten.

Vielen Dank.

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